Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung von anschaffungsnahem Herstellungsaufwand
Viele Investoren kaufen derzeit unsanierte Bestandsimmobilien. Die Käufer sind bereit, zu verkaufen, weil sie den Aufwand für die Modernisierung scheuen. Die Kaufpreise sind günstig, weil die Verkäufer bereit sind, die Kosten der erforderlichen Baumaßnahmen zu berücksichtigen. Wer ein solches Haus kauft und anschließend modernisiert, erlebt aber steuerlich oft eine böse Überraschung.
Normalerweise sind die Kosten für derartige Maßnahmen im Jahr der Bezahlung in vollem Umfang als Werbungskosten abzugsfähig.
Werden die Maßnahmen innerhalb der ersten drei Jahre durchgeführt, müssen sie jedoch in bestimmten Fällen aktiviert werden und können nur mit dem für das Gebäude maßgeblichen Prozentsatz von 2,0 oder 2,5 Prozent abgeschrieben werden. Dies beruht auf der Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG, nach der Kosten für die Sanierung und Modernisierung eines Gebäudes in nachträgliche Herstellungskosten umqualifiziert werden, wenn sie innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung anfallen und die Summe der Kosten 15 Prozent des Gebäudewertanteils der Anschaffungskosten übersteigt (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Grenze ist meist schneller erreicht – und überschritten – als die Erwerber denken. Denn bei einem sanierungsbedürftigen Haus setzen die Finanzämter den Gebäudewertanteil des Kaufpreises häufig erstaunlich niedrig an.
Welche Maßnahmen man in den ersten drei Jahren durchführen kann, ohne die 15-Prozent-Grenze zu überschreiten, ist schwer kalkulierbar. Denn zum einen steht der Gebäudewertanteil des Kaufpreises beim Ankauf noch nicht fest, und zum anderen werden auch Kosten für Maßnahmen einbezogen, die nicht vorhersehbar waren, etwa zur Beseitigung eines Rohrbruchs oder zur Renovierung einer Wohnung beim Mieterwechsel.
Vereinbarung des Gebäudewertanteils
Bei Abschluss des Kaufvertrags hat man jedoch verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten.
Zunächst hat man die Möglichkeit, durch eine Vereinbarung im Kaufvertrag festzulegen, wie hoch der Gebäudewertanteil des Kaufpreises ist, und damit für eine feste Rechengrundlage zu sorgen.
Eine solche Vereinbarung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für das Finanzamt bindend, solange kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt (BFH, Urt. V. 16.9.2015 – Az. IX R 12/14, BStBl. II 2016, 397). Ein Missbrauch liegt aber erst vor, wenn man dem Boden einen Wert zuweist, der geringer ist als 90 Prozent des Bodenrichtwertes. Viele Notare lehnen eine solche Vereinbarung ab, weil sie fürchten, Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu leisten, und glauben, dass dadurch ein Haftungsrisiko für den Verkäufer entsteht, wenn das Finanzamt einen anderen Gebäudewert errechnet. Diese Bedenken kann man jedoch ausräumen. Da der Bundesfinanzhof eine solche Vereinbarung ausdrücklich anerkennt, liegt keine Steuerhinterziehung vor.
Ob die Vereinbarung zu einem Haftungsrisiko für den Verkäufer führt, hängt von der Formulierung ab. Ein Haftungsrisiko kann nur entstehen, wenn der Verkäufer erklärt, dass der Gebäudewertanteil einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises beträgt. Dagegen ist eine Haftung ausgeschlossen, wenn die Parteien erklären, dass sie einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises dem Gebäude zuordnen. Eine solche Vereinbarung kann nicht falsch sein, da es sich nicht um die Behauptung einer Tatsache handelt. Durchführung der Baumaßnahmen vor dem Lastenwechsel.
Vor allem aber kann man sich zunutze machen, dass nach der Rechtsprechung des BFH Kosten für Baumaßnahmen, die bereits vor dem Lastenwechsel durchgeführt werden, bei Berechnung der 15-Prozent-Grenze nicht einbezogen werden (BFH, Beschluss v. 28.4.2020 – IX B 121/19, BFH/NV 20,870). Denn nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG fallen unter die Vorschrift nur Aufwendungen für Baumaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden.
Dabei ist unter Anschaffung gem. § 9 a EStDV der Lastenwechsel zu verstehen. Man kann in dem Kaufvertrag vereinbaren, dass der Erwerber berechtigt ist, bereits vor dem Lastenwechsel bestimmte Baumaßnahmen durchzuführen und beispielsweise die Heizungsanlage zu erneuern. Die Kosten dieser Maßnahmen werden nicht in Herstellungskosten umqualifiziert und bleiben bei der Prüfung, ob die 15-Prozent-Grenze überschritten ist, unberücksichtigt.
M.E. sollte man vereinbaren, dass der Lastenwechsel erst nach der Fertigstellung der betreffenden Baumaßnahmen stattfindet. Zwar vertritt die Finanzverwaltung die Ansicht, dass nicht die Kosten derjenigen Maßnahmen in die Berechnung einzubeziehen sind, die in dem Dreijahreszeitraum fertiggestellt worden sind, sondern die Kosten, die in diesem Zeitraum verursacht sind. Daraus könnte man schließen, dass die Maßnahmen vor dem Lastenwechsel nicht unbedingt fertiggestellt worden sein müssen. Da die Finanzverwaltung mit dieser Ansicht aber nur verhindern will, dass man die Einbeziehung der Kosten bestimmter Maßnahmen verhindert, indem man ihre Fertigstellung bis zum Ablauf der drei Jahre hinauszögert, sollte man vorsichtig sein und den Lastenwechsel erst nach Fertigstellung der Maßnahmen vornehmen.
Unschädlich ist es, wenn bereits vor Fertigstellung der Maßnahmen die Auflassungsvormerkung eingetragen und der Kaufpreis gezahlt wird. Üblicherweise wird zwar vereinbart, dass Nutzen und Lasten auf den Käufer bei Zahlung des Kaufpreises übergehen. Soll der Übergang von Nutzen und Lasten erst später stattfinden, sollte man dies daher ausdrücklich vereinbaren und vor allen auch tatsächlich so durchführen.
Bis zur Fertigstellung der betreffenden Maßnahmen muss also der Verkäufer die Mieteinnahmen erhalten und sämtliche Lasten rechtlich und auch wirtschaftlich tragen. Der Verkäufer muss das Risko tragen, dass die Fertigstellung der Maßnahmen sich verzögert und er deshalb die Lasten längere Zeit tragen muss als gedacht. Dieses Risiko darf nicht auf den Käufer abgewälzt werden, sondern muss in den Kaufpreis einkalkuliert werden.
Natürlich muss vereinbart werden, dass der Verkäufer nur für den Zustand des Gebäudes bei Abschluss des Kaufvertrages einzustehen hat und spätere Veränderungen- etwa aufgrund der Baumaßnahem des Käufers – nicht in seine Risikosphäre fallen.
Über den Autor:
Hans Joachim Beck
Der ehemalige vorsitzende Richter am Finanzgericht Berlin–Brandenburg ist für IVD-Mitglieder erste Anlaufstelle für Fragen zum Thema Steuern.
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