Beitragserhöhung in der privaten Krankenversicherung – was tun?

Beitragserhöhung in der privaten Krankenversicherung – was tun?

Welche private Krankenversicherung erhöht die Beiträge? Und wenn es eine Beitragsanpassung gibt, um wie viel Euro verteuert sich mein Tarif? Privat Krankenversicherte erhalten meist zum Jahreswechsel einen Brief mit den Tariferhöhungen. Im Extremfall kann die Beitragserhöhung bis zu 30 Prozent ausmachen. Als Gründe führen die Unternehmen steigende Ausgaben und die Niedrigzinsen an.

 

Tarifgestaltung

Steigende Ausgaben verteuern einen Tarif in der privaten Krankenversicherung. So muss der Beitrag heraufgesetzt werden, wenn sich die Kosten für Medikamente oder medizinisches Personal erhöhen. Zunehmend wird die Kalkulation jedoch durch die steigende Lebenserwartung und die niedrigen Zinsen über den Haufen geworfen. Durch die Niedrigzinsen werfen die Altersrückstellungen nicht mehr genug ab. Die Folge: Geringe Zinsen führen in der privaten Krankenversicherung zu höheren Beiträgen. Während in der gesetzlichen Krankenversicherung der Höchstbeitrag gesetzlich festgelegt wird, kalkulieren die PKV-Anbieter die Tarifprämien nach eigenen Vorschriften. So kann es vorkommen, dass die Anpassungen in der privaten Krankenversicherung höher als in der GKV ausfallen. Eine Anpassung erfolgt meist zum Stichtag 1. Januar. In diesem Fall werden die Schreiben zur PKV-Beitragserhöhung bis Ende November versendet. Eine Ausnahme bilden die HUK-Coburg (01.03.) und die DKV (01.04.). Aktuell kann die Beitragsanpassung einen Tarif bis zu einem Drittel verteuern.

 

Tricks bei Anpassungen: So werden PKV-Versicherte besänftigt

Beitragsanpassungen in der PKV sind aufgrund des medizinischen Fortschritts unausweichlich. Ärgerlich ist, wenn der Beitrag von einem Jahr auf das andere um bis zu 80 Euro im Monat steigt. Um Versicherte zu beruhigen, lassen sich einige Anbieter besondere Maßnahmen einfallen. Folgende „Tricks“ werden in der privaten Krankenversicherung angewendet:

  • Treuebonus / Tarifbonus / Nachlass: Für Bestandskunden gibt es eine zeitlich befristete Gutschrift. Der Versicherer gewährt einen Beitragsrabatt von z.B. 30 Euro im Monat. Damit wird die Beitragsanpassung abgemildert. Was viele Versicherte jedoch nicht wissen: Entfällt die Gutschrift nach einem Jahr, bedeutet dies faktisch die nächste saftige Erhöhung. Denn ein Bonus wird aus Überschüssen des Versicherers finanziert. Bei steigenden Kosten und geringeren Kapitalerträgen entfällt der Bonus. Lassen Sie sich also von dieser kurzfristigen Maßnahme nicht blenden.
  • Erhöhung des Selbstbehalts: Konstanter Beitrag, aber höhere Selbstbeteiligung – mancher Versicherer greift zu diesem Mittel, um den Versicherungsschutz auf den ersten Blick nicht zu verteuern. Dies belastet den Kunden zwar erst, wenn Rechnungen eingereicht werden, stellt jedoch eine „versteckte“ Beitragsanpassung dar.

 

Warum steigt der Beitrag in der PKV?

Die Gründe für eine Beitragserhöhung sind vielschichtig. Zur Panikmache besteht jedoch kein Anlass, wie der Verbandsdirektor des PKV-Verbands, Volker Leienbach, betont. Nach Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der PKV lagen die Steigerungen in der PKV zwischen 2008 bis 2018 bei 3,05 Prozent im Jahr. Für gesetzlich Versicherte lag die Anpassungsrate im selben Zeitraum bei 3,28 Prozent

  • Steigende Gesundheitskosten: Höhere Löhne für medizinisches Personal und neue Medikamente führen u.a. zu einem stetigen Anstieg der Gesundheitskosten. In der PKV gab es in den letzten 10 Jahren z.B. im Bereich der stationären Leistungen einen Kostenanstieg von 41 Prozent. Die Kosten für Zahnbehandlung und Zahnersatz sind im gleichen Zeitraum sogar um 79 Prozent gestiegen.
  • Sinkende Zinsen: Die Zinsen, die die privaten Krankenversicherer für die Altersrückstellungen erwirtschaften, sind seit Jahren auf Talfahrt. Sinkt der Rechnungszins zur Beitragskalkulation, müssen die Prämien angehoben werden. Eine Zinssenkung von 0,1 Prozentpunkten führt zu einer Beitragserhöhung von 1 bis 1,5 Prozent.
  • Steigende Lebenserwartung: Laut Statistik (Sterbetafel 2014) ist die Lebenserwartung eines 30-jährigen Mannes von 79,7 Jahren im Jahr 1995 auf fast 85 Jahre im Jahr 2014 gestiegen. Diese zusätzlichen Lebensjahre müssen bei der Prämienberechnung berücksichtigt werden. Denn für die zusätzlichen Lebensjahre fallen Gesundheitskosten an. Durch die Bildung von Altersrückstellungen muss die PKV diese höheren Kosten bereits heute in den Beiträgen berücksichtigen.
  • Bessere Diagnosen und Therapien: Der medizinische Fortschritt und die Forschung machen es möglich, dass heutzutage Krankheiten erfolgreich behandelt werden können, für die es vor einigen Jahren noch keine Hilfe gab. Gezielte Diagnosen durch neue (und teure) bildgebende Verfahren (z.B. Computertomografie) und moderne Operationstechniken ermöglichen eine gezielte Behandlung und Operationen auch von älteren Versicherten. Doch dies hat seinen Preis.
  • Zunahme von Volkskrankheiten: Stress, ungesunde Ernährung und wenig Bewegung sorgen für einen Anstieg bei Diabetes mellitus, Übergewicht oder Rückenerkrankungen. Auch dies führt zu zunehmenden Gesundheitskosten. Die Beitragserhöhung kann das PKV-Unternehmen jedoch nicht willkürlich vornehmen. Vielmehr muss gemäß § 12b VAG ein unabhängiger Treuhänder der Beitragsanpassung zustimmen. Der Treuhänder stellt fest, ob die Anpassungssätze im Einklang mit den Kalkulationsvorschriften des Versicherungsgesetzes steht.

 

Was können PKV-Kunden bei einer Beitragsanpassung tun?

Gerade ältere Kunden sind von einer Beitragserhöhung besonders betroffen. Denn höhere Krankheitskosten müssen über die Altersrückstellung in den Beitrag einkalkuliert werden. Aufgrund der fehlenden Ansparzeit ist dazu stets ein größerer Geldbetrag erforderlich als bei jungen Versicherten.

  • PKV-Tarifwechsel: Jeder Privatversicherte kann in einen anderen, günstigeren Tarif seines Versicherers wechseln. Darauf besteht ein Rechtsanspruch. Beim Tarifwechsel werden die vorhandenen Rücklagen angerechnet. Eine Gesundheitspraktikerprüfung erfolgt nur bei Mehr-Leistungen
  • Über 60-Jährige: Wer das 60. Lebensjahr vollendet hat, erhält in der Beitragsinformation einen konkreten Hinweis auf andere Tarife, wenn sie günstiger sind.
  • Leitlinien des PKV-Verbandes: Ein Großteil der Versicherer hält sich freiwillig an bestimmte Richtlinien beim Wechsel des Tarifs. So wird Versicherten eine Beratung angeboten und eine Bearbeitung innerhalb von 15 Arbeitstagen zugesichert.
  • Erhöhung der Selbstbeteiligung: Wer sich stärker an den Kosten beteiligt, kann den Beitrag (deutlich) senken.
  • Beitragsentlastungstarif: Um hohen Beiträgen im Alter zu entgehen, empfiehlt die Stiftung Warentest einen speziellen Vorsorgetarif. Mit diesem Vorsorgeplan wird eine garantierte Beitragssenkung im Rentenalter erreicht. Dazu muss man in jungen Jahren einen höheren Beitrag entrichten, der verzinslich angelegt wird. Die Beitragsentlastungsprogramme sind als integrierter Bestandteil der privaten Krankenvollversicherung ebenfalls durch den Arbeitgeber zuschussfähig.
  • Leistung verringern: Der Verzicht auf den Chefarzt im Krankenhaus oder den Heilpraktiker kann eine monatliche Beitragsersparnis von bis zu 100 Euro bringen. Doch Vorsicht: Wer später wieder auf diese Leistung zurückgreifen will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. Daher sollte man diesen Schritt nur nach ausführlicher Beratung über Vor- und Nachteile in Erwägung ziehen.
  • Wechsel in Standard- oder Basistarif: Für ältere Versicherte hat der Gesetzgeber zwei Grundtarife eingeführt. Diese müssen von jedem PKV-Unternehmen angeboten werden. Die Leistungen orientieren sich am Katalog der gesetzlichen Kassen. Der Beitrag ist auf einen Höchstwert begrenzt. Häufig bietet der Tarifwechsel in einen „Normaltarif“ höhere Einsparmöglichkeiten.
  • Wechsel der Versicherung: Als letzte Möglichkeit bietet sich der Wechsel der privaten Krankenversicherung an. Zu beachten ist, dass in diesem Fall beim neuen Versicherer eine Gesundheitsprüfung stattfindet, die dazu führen kann, dass man den gewünschten Versicherungsschutz nicht erhält. In den meisten Fällen verbleiben die angesammelten Altersrückstellungen beim bisherigen Versicherer. Übrigens: Der Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung funktioniert nur unter ganz bestimmten Bedingungen.

 

Autor: Stephan Mattern

 

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