Bestellerprinzip: So wird der Staat zum weiteren Preistreiber für Immobilien
„Wir prüfen aktuell, ob sich das Bestellerprinzip auch auf Immobilienverkäufe übertragen lässt.“ So hatte sich Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) geäußert und damit zumindest den vom IVD vertretenen Berufen das heiße Sommerloch gefüllt. Zuvor hatte bereits die Bundestagsfraktion der Grünen einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht. Demnach soll zukünftig der Verkäufer grundsätzlich die Maklerprovision zahlen und die Grünen planen zudem auch eine Deckelung auf 2 % inkl. Umsatzsteuer (1,68% netto).
Die SPD und Grünen begründen das Vorhaben damit, das Baukindergeld würde nicht ausreichen und die Kaufnebenkosten müssten daher gesenkt werden, um den Käufer zu entlasten. Soweit ist das erkenntnisreich und es ist durchaus zu begrüßen, dass die Politik die Kaufnebenkosten senken will. Was verärgert ist die Rhetorik, die das Kehren vor der eigenen Haustür komplett ausschließt (Senkung der Grunderwerbsteuer), dafür aber ohne Bauchschmerzen einer ganzen Branche mit einem Gesetzesfederstrich eine Existenzgrundlage kaputtreglementieren möchte. Dabei ist damit keinem geholfen, auch dem Immobilienkäufer nicht:
Immobilienpreise würden steigen – Staat profitiert von höherer Grunderwerbsteuer
Das Bestellerprinzip würde Immobilienkäufer nicht entlasten, sondern im Gegenteil stärker belasten. Der Verkäufer würde die Maklerprovision auf den Kaufpreis aufschlagen. Dadurch würde sich auch die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer erhöhen und die Gesamtkosten für den Erwerber würden steigen. Der Gesetzgeber würde somit zum Preistreiber – und zum einzigen Profiteur. Verlierer ist der Steuerzahler.
Zudem können die Bundesländer die Einführung des sogenannten Bestellerprinzips zum Anlass nehmen, die Grunderwerbsteuer in ihrem Land zu erhöhen. In den vergangenen zehn Jahren ist die Grunderwerbsteuer in den Bundesländern 27 mal erhöht worden.
In Deutschland wird die Provision überwiegend geteilt
In den meisten Bundesländern wird die Provision geteilt. Das kann kaum als unfair bezeichnet werden. Nur in Berlin, Brandenburg, Hamburg und Hessen zahlt der Käufer die Provision, wobei auch dort etwas anderes verhandelt werden kann. So zahlen in Teilen Brandenburgs, in denen sich der Immobilienmarkt diametral anders entwickelt als in Berlin und es einen Angebotsüberhang gibt, selbstverständlich der Verkäufer den Makler. Ein gesetzlich erzwungene Innenprovision würde in ungerechtfertigter Weise in die Berufs- und Vertragsfreiheit der Immobilienmakler eingreifen und wichtige Marktmechanismen aushebeln.
Im Vergleich von 15 europäischen Ländern: In keinem Land gibt es ein sogenanntes Bestellerprinzip. Nur in Irland ist die Provisionszahlung gesetzlich reguliert. In allen anderen Ländern regelt der Markt die Frage, wer die Provision bezahlt. Das soll auch in Deutschland so bleiben. Greift der Gesetzgeber regulierend ein, wird er automatisch zum Preistreiber.
Deckelung würde zur Unwirtschaftlichkeit führen
Der Vorschlag der Grünen, die Maklerprovision auf 2 % (d.h. 1,68% netto für den Makler) zu reduzieren, soll für Käufer und Verkäufer gelten. Soweit es den Käufer betrifft, ist dieser Antrag mehr als zynisch, da nach der Einführung eines Bestellerprinzips nach dem Vorbild der Wohnraumvermittlung die Provision auf Null gesetzt wäre. Die Voraussetzungen für eine Mieterprovision sind derart hoch, dass kein Makler bereit ist, einen Suchauftrag entgegenzunehmen. Beim Kauf wäre dies erstrecht so. Auch aus Sicht des Verkäufers wird es schwierig werden, einen Makler zu finden, der ihn bei dem Verkauf unterstützt, da eine Deckelung auf 2 % für den Immobilienmakler kaum noch wirtschaftlich ist.
Ist der Käufer schutzbedürftig?
Der Käufer ist nicht in gleicher Weise schutzbedürftig wie der Wohnungssuchende. Das in der Diskussion um das Bestellerprinzip bei der Vermietung verwendete Argument, dass der Makler im Lager des Vermieters steht, weil er ihm bei der Vermietung und somit bei der laufenden Bewirtschaftung seines Vermögens behilflich ist, lässt sich nicht ohne weiteres auf den Verkauf von Grundstücken übertragen. Vielmehr stehen sich Verkäufer und Käufer auf Augenhöhe gegenüber. Denkbar ist aber auch, dass die Käufer die stärkere Position einnehmen, beispielsweise bei einem Doppelverdiener-Akademiker-Ehepaar gegenüber einer verwitweten älteren Dame, die ihr Einfamilienhaus verkaufen will.
Kaufinteressenten dürften keinen Makler beauftragen
Das Bestellerprinzip widerspricht der staatlichen Aufgabe, Verbraucher zu schützen und nicht schutzlos zu stellen. Der Käufer wäre im Ankaufsprozess völlig auf sich alleine gestellt. Denn das Bestellerprinzip hätte zur Folge, dass der Kaufinteressent vom Makler keine Beratungsleistung verlangen könnte, da ihm gesetzlich verboten wird, mit dem Interessenten einen Vertrag abzuschließen. Steht der Makler ausschließlich im Lager des Verkäufers, wird der Makler auch nur ihn beraten. Dies kann nicht gewollt sein, zumal der Verkaufsprozess von zahlreichen Fachfragen flankiert ist, die einen hohen Sachverstand des Maklers erfordern. Schließlich sollte die junge Familie bei ihrer Lebensentscheidung – dem Kauf einer Immobilie – optimal beraten werden. Das darf sie zurecht auch erwarten.
Eine Reform der Grunderwerbsteuer wäre aus Sicht des IVD eine deutlich effektivere Möglichkeit, Wohneigentum zu fördern und Käufer zu entlasten. Denn die Grunderwerbsteuer ist die eigentliche Treiberin der Kaufnebenkosten. Bis 2006 lag die Grunderwerbsteuer bundesweit noch bei 3,5 Prozent – heute liegt sie bereits bei bis zu 6,5 Prozent. Der Staat könnte den Steuersatz absenken oder einen Freibetrag für Eigennutzer einführen, um die Kaufnebenkosten zu senken.
Ein Großteil der umfangreichen Maklerleistungen sind für den Immobilienmakler ein Investment mit ungewissem Ausgang. Denn was in der öffentlichen Diskussion immer wieder ausgeblendet wird, ist, dass eine Maklerprovision nur im Erfolgsfall – dem Abschluss eines Kaufvertrages – gezahlt wird. Die Prozesse, die ein Maklerunternehmen umsetzen muss, um eine Immobilie entsprechend professionell aufzubereiten und beraten zu können – bis hin zum Notarvertrag – sind umfangreich. Die Provision deckt eine solide Beratung ab. Zur Verdeutlichung hat der IVD die Prozesse eines Immobilienverkaufs/Ankaufs eines Maklerbüros in zusammengefasster Grafikform abgebildet.