Corona-Gesetzgebung – 10 Punkte für die Immobilienwelt

Corona-Gesetzgebung – 10 Punkte für die Immobilienwelt

Dieser Artikel bietet Ihnen ein Update zu den Entwicklungen und Auswirkungen der Gesetzgebung rund um die Corona-Pandemie – denn die (Immobilien-) Welt ist von der Corona-Pandemie genauso betroffen wie alle anderen Lebensbereiche.

 

Corona und die wirtschaftlichen Auswirkungen im Frühsommer 2020

Die Corona-Pandemie hat das öffentliche Leben in Deutschland im Frühsommer 2020 fest im Griff. Trotz der Diskussion um die Lockerung von Ausgangsbeschränkungen wird allgemein erwartet, dass weit bis in das Jahr 2021 hinein Auswirkungen für die Menschen, die Wirtschaft und das Zusammenleben spürbar sein werden. Grund genug, dass das IVD Plus Magazin des IVD Berlin-Brandenburg in diesem Corona-Spezial die Auswirkungen der Gesetzgebung rund um die Corona-Pandemie zusammenfasst und auf den aktuellen Stand bringt.

 

Absagen und Ausblick

Auch im Immobilienverband IVD musste schnell auf die gesetzlichen Neuerungen reagiert werden, die die Corona-Pandemie ausgelöst haben. Die Präsenzveranstaltungen im Regionalverband von Clubabenden jeden ersten Dienstag im Monat über die Seminare im Tagungsraum der Regionalgeschäftsstelle bis zur Durchführung der Mitgliederversammlung sind komplett abgesagt worden.

Die Regionalgeschäftsstelle ist darauf vorbereitet, dass Präsenzseminare dort wieder starten können. Dann aber mit verminderter Teilnehmerzahl und den erforderlichen Abstandsregelungen, also Einzeltischen, Hygiene-Standards usw. Die Durchführung von Clubabenden dürfte aber auch im Juni 2020 noch nicht möglich sein.

Wichtig: Die Mitgliederversammlung ist bereits auf den 27.10.2020 im Anschluss an den Berlin-Brandenburger Immobilientag verschoben worden.

 

Webinarangebot deutlich ausgeweitet

Home-Office in vielen Mitgliedsfirmen des IVD und genauso in der Regionalgeschäftsstelle des Verbandes hat dazu geführt, dass viele Angebote auf die digitale Durchführung umgestellt worden sind. Das betrifft genauso die deutliche Ausweitung des Webinarangebots mit mehr als 20 neuen Terminen, die von den Mitgliedsfirmen sehr gut angenommen worden sind als auch die Durchführung des ersten digitalen Clubabends am Dienstag, 05. Mai 2020.

 

Die 10 wichtigsten Themen rund um die Corona-Gesetzgebung im Überblick

1. Ausgangsbeschränkungen und die Auswirkungen

Ausgehend von der Allgemeinverfügung der Bundesregierung vom 20. März 2020, wonach eine Wohnung nur noch zu festgelegten Zwecken verlassen werden darf und der Aufenthalt im Freien beschränkt worden ist, haben die Bundesländer im März und April 2020 Allgemeinverordnungen mit den Details zu beruflichen Terminen und der Wahrnehmung von Außenterminen erlassen.

Für Anfang Mai werden die ersten Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen erwartet, die in den folgenden Wochen immer weitere Maßnahmen erlauben sollen.

Alle Immobilienfirmen sollten den Inhalt der Allgemeinverordnungen des jeweiligen Bundeslandes genau studieren und auf die weiteren Veröffentlichungen dazu achten.

Die Grundregel lautet: Berufliche Tätigkeit ist erlaubt.

Das bedeutet für alle Immobilienmakler, Hausverwalter und Sachverständigen, dass Büros geöffnet sein dürfen und der Tätigkeit nachgegangen werden kann. Auch Notartermine finden statt, wenn auch unter etwas anderen Vorzeichen als dies in der Vor-Corona-Zeit üblich war.

Nachdem die Notarkammern den Notaren bestimmte Lockerungen bei der Anwesenheit während der Verlesung einer Notarurkunde erlaubt haben, sind ganz unterschiedliche Durchführungen von Beurkundungen berichtet worden. Allen Erfahrungen gemein ist aber, dass ImmobilienmaklerInnen an den Beurkundungen in der Regel mehr teilgenommen haben.

 

2. Büro offen, Läden geschlossen, Läden wieder geöffnet

Seit Ende April sind die Regelungen der Bundesländer gelockert worden, was die Möglichkeit der Öffnung eines Ladengeschäftes angeht. Waren zwischen 20. März und 27. April in allen Bundesländern nur bestimmte Ladengeschäfte des dringenden täglichen Bedarfs geöffnet, dürfen seitdem Läden mit weniger als 800 m2 Fläche wieder öffnen. Auch dies ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt.

Mit der Öffnung der Läden zeigt sich aber auch, dass die bisherige Vorschrift, dass nur erforderliche oder dringend erforderliche Termine dazu führen dürfen, die Wohnung zu verlassen, ist dies mit den neuen Regeln zur Öffnung von Läden praktisch ebenfalls gelockert worden. Auch wenn sich dies in den aktuellen Allgemeinverordnungen der Länder noch nicht wiederspiegelt.

In Berlin und Brandenburg dürfen alle Läden unter 800 m2 Verkaufsfläche öffnen. Das gilt auch für Ladenlokale von Immobilienmaklern und Verwaltern. In den Ladengeschäften müssen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden. Das führt dazu, dass der Zugang zu den Ladenlokalen geregelt wird. Für Immobilienfirmen bedeutet dies, im Ladengeschäft die gleichen Abstandsreglungen einzuhalten, wie dies in den Büros gilt.

Es muss ein Abstand von 1,5 Metern zwischen MitarbeiterInnen untereinander und auch zu KundInnen eingehalten werden.

 

3. Ausgangsbeschränkungen führen zu verminderter Besichtigungshäufigkeit – Durchsetzung von Besichtigungen

Die Ausgangsbeschränkungen und die Furcht, sich mit dem Corona-Virus infizieren zu können, hat dazu geführt, dass die Erlaubnis zur Durchführung von Besichtigungen mit Kaufinteressenten von den BewohnerInnen einer Wohnung oder eines Hauses häufiger abgelehnt wird.

Trotz Einhaltung von Abstandsregelungen und Hygieneregeln, und trotz des Angebots selbst Mundschutz zu tragen und für alle Beteiligten einer Besichtigung Mundschutz und Handschuhe zu verteilen, haben sich viele Eigentümer und/oder Mieter einer Wohnung geweigert, Besichtigungen zu erlauben.

Die Durchsetzung von Besichtigungen bei einer Corona-bedingten Weigerung der BewohnerInnen ist nicht einfach. Das übliche Instrumentarium einer Abmahnung des Mieters oder der gerichtlichen Durchsetzung einer Besichtigung ist auch aufgrund der eingeschränkten Tätigkeit in den Gerichten nur schwer durchzusetzen. Immobilienfirmen bleibt häufig nur die Hoffnung auf die Einsicht der BewohnerInnen, die Besichtigung unter Minimierung eines Infektionsrisikos durch Einhaltung jeglicher erdenklicher Vorsichtsmaßnahmen zu erreichen.

 

4. Kurzarbeitergeld auch für Immobilienfirmen?

Die Anwendung des Kurzarbeitergeldes auch auf Immobilienfirmen ist deutlich erleichtert worden, so dass Immobilienfirmen mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten die Beantragung von Kurzarbeitergeld zumindest erwogen, in vielen Fällen aber auch beantragt haben.

Kein Kurzarbeitergeld wird gewährt für Solo-Selbständige, Einzelfirmen, eingetragene Kaufleute, geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH, 450-Euro-Kräfte.

Sofern Kurzarbeitergeld beantragt werden kann, bereitet weiterhin die Berücksichtigung von Provisionen, die im Zusammenhang mit einem monatlichen Fixum ausgezahlt werden erhebliche Schwierigkeiten. Garantieprovisionen, also fixe Beiträge einer Provision sind in jedem Fall einbeziehbar. Mit der Arbeitsagentur sollte bei Antragstellung besprochen werden, wie die Provisionen des Jahres 2019 als Maßstab für die Berechnung der Nettoentgeltdifferenz einbezogen werden können.

 

5. Zuschüsse aus dem Corona-Hilfspaket beantragen – Ja oder Nein oder später?

Das Corona-Hilfspaket der Bundesregierung sieht Zuschüsse von 9.000,- EUR für Firmen mit zu 5 MitarbeiterInnen und Zuschüsse von bis zu 15.000,- EUR für Firmen mit bis zu 10 MitarbeiterInnen vor. Diese Zuschüsse können die Immobilienfirmen in Berlin bei der IBB und in Brandenburg bei der ILB beantragen. Die Rechtsform des Unternehmens ist nicht ausschlaggebend, weil sowohl Einzelfirmen als auch GmbHs den Zuschuss beantragen können.

Allerdings können Einzelfirmen die Kosten der privaten Lebenshaltung (private Miete, private Krankenkasse) nicht über den Zuschuss ausgleichen lassen. Weil insbesondere bei den früh gestellten Zuschussanträgen dies den Antrag stellenden Firmen oft nicht bewusst war, hat die Senatsverwaltung für Finanzen Ende April 2020 mitgeteilt, dass die Firmen angeschrieben würden, die einen Zuschuss ausgezahlt bekommen haben und nachgefragt würde, ob der Zuschuss tatsächlich berechtigt beantragt worden ist.

In der Mitteilung wird davon gesprochen, dass die Rückzahlung von nicht rechtmäßig beantragten Zuschüssen straffrei erfolgen könne. Das enthält zudem die Androhung, dass bei späterer Feststellung eines nicht berechtigt erhaltenen Zuschusses evtl. nicht nur die Rückzahlung des Betrages droht, sondern auch ein Strafverfahren angeschlossen werden könnte.

Auch Lohnkosten dürfen nicht mit den Zuschüssen gedeckt werden. Dafür muss das Kurzarbeitergeld beantragt werden.

Wichtig: Antragsfrist ist der 31. Mai 2020

Nach dem aktuellen Corona-Hilfsprogramm können Zuschussanträge bis zum 31.05.2020 gestellt werden. Für den Antrag ist eine Ertragsvorschau der kommenden drei Monate erforderlich. Wenn in der Ertragsvorschau eine Liquiditätsunterdeckung zu erwarten ist, sollten Immobilienfirmen den Antrag noch im Mai 2020 stellen.

Schon mal vormerken: Der IVD Berlin-Brandenburg plant zu diesem Thema Ende Mai 2020 ein Webinar zur der Antragstellung und Prüfung, ob Zuschüsse möglich sind.

 

6. Was von den Zuschüssen aus dem Corona-Paket in keinem Fall abgedeckt wird

Die Antragsbedingungen der Corona-Zuschüsse legen fest:

  1. Abgedeckt werden: Mieten für Gewerberäume, Darlehensraten für Firmenkredite, laufende Miet- oder Leasingraten, Kosten der Telekommunikation, laufende Betriebskosten (Abonnements, Verträge mit Dienstleistern usw.)
  2. Nicht abgedeckt werden: Gehälter (-> Kurzarbeitergeld), private Entnahmen in Einzelfirmen (-> ALG 2 beantragen), private Krankenversicherung, private Mieten (auch jeweils über ALG 2 abdecken)

 

7. Keine Kündigung von Mietverträgen bei Corona-bedingter Nichtzahlung der Miete

Wenn Mieter von Wohn- oder Gewerberäumen im Zeitraum April bis Juni 2020 keine Miete zahlen und den Corona-Bezug zur Nichtzahlung der Miete nachweisen, darf den Mietern wegen des Zahlungsrückstands nicht gekündigt werden. Die Anwendung der Kündigungsvorschrift des § 543 BGB ist eingeschränkt. Die Mieter haben Zeit, den aufgelaufenen Mietrückstand von April bis Juni 2020 bis zum 30,.06.2022 auszugleichen.

Diese Regelung macht in der Praxis der immobilienfirmen deshalb viel Arbeit, weil viele Mieter zwar zunächst keine Miete bezahlen, den Corona-Bezug zur Nicht-Zahlung der Miete aber nicht nachweisen. Auch Gewerbemieter können sich auf diese Regelung berufen.

Vermieter und Verwalter sind aufgefordert, den Corona-Bezug von den Mietern einzufordern, wenn diese die Miete nicht beglichen haben. Sollte dieser Nachweis nicht erfolgen, kann der Mietvertrag wegen Zahlungsverzuges weiterhin gekündigt werden.

 

8. Stundung von Zins- und Tilgungsleistungen

Die Corona-Gesetzgebung sieht in Art. 240 § 3 EGBGB eine gesetzliche Stundung von Zins- und Tilgungsleistungen in Verbraucherdarlehensverträgen vor, die die Kreditnehmer nutzen können. Das gilt nur für Verbraucherkreditverträge, also auch Immobiliardarlehensverträge.

Hier ist der Corona-Bezug bei der Inanspruchnahme der Stundung etwas schärfer formuliert. Darlehensnehmer müssen belegen, dass der Lebensstandard gefährdet ist, wenn die Zahlung von Zins und Tilgung in der im Kreditvertrag festgelegten Form erfolgt. Es bietet sich deshalb oftmals eher an, eine Regelung mit der finanzierenden Bank zu finden und evtl. eine Tilgungsrate zu senken, anstatt sich einfach auf die neue Stundungsregelung im EGBGB zu berufen.

Für private Vermieter bedeutet diese Regelung, dass sie bei Corona bedingtem Ausbleiben von Mietzahlungen durch Mieter, die Möglichkeit haben, auch Zins- und Tilgung aussetzen zu können. Die Regelungen für die Nachzahlung der aufgelaufenen Beträge sehen vor, dass der Darlehensvertrag im Zweifel um den Zeitraum, in dem Zins- und Tilgung ausgesetzt waren, verlängert wird. Deshalb sind keine Doppelzahlungen durch Vermieter in den Folgemonaten erforderlich.

 

9. WEG-Versammlungen finden nicht statt und nun?

Ebenfalls in den neuen Vorschriften des EGBGB, § 6, findet sich eine Regelung, die den Verwaltungen die Arbeit erleichtert, wenn keine WEG-Versammlung stattfinden kann. Die Bestellung eines Verwalters bleibt danach solange bestehen, bis ein neuer Verwaltervertrag in der WEG-Versammlung abgeschlossen werden kann.

Das gilt auch für die Beschlussfassung eines Wirtschaftsplans. Solange kein neuer Wirtschaftsplan beschlossen werden kann, bleibt der alte Plan weiterhin bestehen.

 

10. Und der Immobilienmarkt in und nach der Corona-Krise?

Gibt es Auswirkungen auf dem Immobilienmarkt durch die Corona-Pandemie? Diese Frage wird sehr konträr diskutiert. Den Blick in die Glaskugel kann niemand wagen.

Aber: Die Rahmenbedingungen für den Erwerb von Immobilien bleiben weiterhin gut, vor allem wird erwartet, dass das Zinsniveau für Immobilienfinanzierungen niedrig bleibt. Die Nachfrage nach Wohnungen und Einfamilienhäusern, mag in dem einen oder anderen Büro vorübergehend etwas zurückgehen.

Allerdings berichten viele Immobilienfirmen davon, dass sie mindestens die gleiche Nachfrage in ihrem Büro verzeichnen wie vor der Corona-Zeit. Die Immobilienportale berichten von deutlich gestiegenen Seitenzugriffen in den Immobilienportalen. Und die Analysen der Angebotspreise seit 20. März 2020 zeigen, dass kein Preisrückgang erkennbar ist.

Schließlich: wird durch die Corona-Pandemie mehr gebaut? Das scheint eher nicht der Fall zu sein. Im Gegenteil hat das Land Berlin die Bauordnung so geändert, dass bei Beantragung einer Baugenehmigung die Fiktion der Erteilung der Baugenehmigung für Einfamilienhäuser aktuell nicht mehr eingreift.

Das ist keine gute Nachricht für den Neubau. Das zeigt aber auch, dass bei weiterhin zu knappem Angebot und weiterhin vorhandener Nachfrage nach Wohnraum, der Immobilienmarkt beste Voraussetzungen hat, dass es keinen Corona-Knick geben wird.

 

Autor: Sven Johns

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