Eröffnungsrede der Vorsitzenden Kerstin Huth anlässlich des 19. Berlin-Brandenburger Immobilientages 3

Eröffnungsrede der Vorsitzenden Kerstin Huth anlässlich des 19. Berlin-Brandenburger Immobilientages

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lieber IVD Präsident Jürgen Michael Schick,
liebe Partner und Freunde des IVD Berlin-Brandenburg,
liebe Gäste des 19. Berlin-Brandenburger Immobilientages,

Eröffnungsrede der Vorsitzenden Kerstin Huth anlässlich des 19. Berlin-Brandenburger Immobilientages 4

als wir diesen 19. Berlin-Brandenburger Immobilientag Anfang 2020 planten, befanden wir uns noch auf einer anderen Welt. Ein Virus und die Erkenntnis, dass es wohl doch eher die kleinsten, unscheinbarsten und überraschenden Dinge sind, die unser Dasein beeinflussen, hat uns mit hoher Geschwindigkeit in eine neue Welt katapultiert.

Und so steht meine Rede heute unter dem Motto: Kleine Sache – große Wirkung

Das Verarbeiten der Auswirkungen hat noch gar nicht so richtig begonnen. Und wenn Sie nach links und rechts schauen und merken, wie schwer es ist, Ihrem Kollegen etwas ins Ohr zu flüstern, dann stellen sie fest, wie schnell sich Menschen an etwas gewöhnen und anpassen können.
Das Anlegen einer Maske oder die berühmte Begrüßung mit der Faust anstatt mit einem vernünftigen Handschlag erscheint mittlerweile vielen von uns schon normal. Auch, dass ich heute zu unserem ersten echten Hybridkongress im IVD mehr Gäste begrüßen darf, die uns an den Rechnern verfolgen, als hier vor Ort zu sein.

Letzteres freut mich sogar sehr und ich hoffe, dass wir einen Teil dieses digitalen Schwungs mit in die Zukunft nehmen, wenn wir auch wieder diesen Saal komplett mit Gästen füllen dürfen. Und ich begrüße damit ausdrücklich die IVD-Mitglieder und Gäste aus vielen Ecken der Republik. Für Sie ist ein Regionalkongress des IVD jetzt nur noch einen Klick entfernt und keine vielen Kilometer mehr.

Und da haben wir es wieder: Kleine Sache – große Wirkung

Als wir den BBIT21, wie wir ihn ja jetzt nennen, kurz vor Ausbruch der Coronakrise planten, konnten wir schon unseren heutigen politischen Gast für uns gewinnen. 2020 war noch kein Superwahljahr. Der IVD kämpfte noch an der Front des falschen Bestellerprinzips und der Reform der Maklerprovision und wir wollten den jüngsten Bundestagsabgeordneten mit Direktmandat einladen.
Seine geschliffenen Bundestagsreden, gerne gegen die AfD-Bundestagsfraktion und deren Anträge gerichtet, ließen uns „Klartext“ erwarten. Lieber Herr Philipp Amthor, ich nehme an, Sie sind ggfs. schon online und verfolgen diese Kongresseröffnung. Wir freuen uns, dass Sie sich mit Ihrem Grußwort an uns, digital zuschalten. Dass Sie sich heute eine Stunde vor der Konstituierung des 20. Deutschen Bundestages die Zeit dafür nehmen, das schätzen wir sehr. Danke!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Berliner haben gewählt … wenn man den richtigen Wahlzettel hatte und geduldig angestanden ist. Da wurden ein paar Kisten vertauscht und der Wahltag mit dem Berlin-Marathon zusammengelegt.

Na, Sie wissen schon: Kleine Sache – große Wirkung…

Und ich – die ich heute unseren Kongress in Potsdam eröffnen darf – muss zugeben, dass ich als gebürtige Berlinerin weiter neidvoll von meinem Berlin, das manche ja schon als „Failed State“ bezeichnen, in Richtung Brandenburg schaue. Hier in Brandenburg ändert sich etwas nach Wahlen. Das ist ganz offensichtlich und dafür sind Wahlen ja auch da. Während auf Bundesebene ein politisches „Weiter so“ abgewählt wurde – wobei ein „Wird besser nun“ bei weitem noch nicht in Aussicht steht, finden sich in Berlin alte politische Partner und Akteure zusammen, die offensichtlich der Meinung sind, in den vergangenen fünf Jahren einen guten Job gemacht zu haben.

Ich möchte Ihnen aus einem politischen Willenspapier zwei Passagen vorlesen:

„Stadtentwicklung in Berlin – intelligent, nachhaltig und partizipativ
Die Koalition will den Wohnungsbau in Berlin ökologisch nachhaltiger und sozial gerechter machen und strebt dazu breite Bündnisse an. Nachverdichtung in bestehenden Quartieren und neue Wohngebiete, die bestehende Ortsteile ergänzen, sollen den Mehrbedarf an Wohnungen decken helfen.“

Ein weiter Punkt:

„Leistungsfähige Verwaltung für eine funktionierende Stadt
Die Koalition wird dafür Sorge tragen, dass die Stadt funktioniert, die Verwaltung kund*innenorientierter und leistungsfähiger wird.“

Diese Passagen sind allerdings nicht aus dem aktuellen Sondierungspapier von nunmehr RGR, die jetzt R2G folgen wollen. Sie sind in der Tat aus dem Koalitionspapier von 2016. Sie erinnern sich? Eine Willensbekundung in Buchstärke von 200 Seiten sollte den großen Wurf für das Land Berlin ankündigen.

Hier muss man leider sagen: Große Worte – keine Wirkung!

Es findet sich eigentlich nichts in dieser Willensbekundung, das sich die letzte Regierungskoalition nach fünf Jahren auf die Haben-Seite setzen kann. Sie kann keinen einzigen Punkt ihrer politischen ToDoListe abhaken! Statt dessen – kurz vor Toresschluss die Schlagzeile am 17. September: Senat kauft 14.500 Wohnungen für 2,5 Milliarden Euro vom Markt.
Schlagzeile 21. Oktober: Senat verhängt Haushaltssperre für Schulen

Das ist doch kaum zu glauben!

Was haben wir in Berlin immer noch nicht? Ein paar Beispiele:
– Breite gesellschaftliche Bündnisse, zu der die Immobilien- und Bauwirtschaft ohne Zweifel gehören muss, um die Unterversorgung mit Wohnraum schnellstmöglich in Angriff zu nehmen
– Genug Neubau
– Eine leistungsfähige Verwaltung
– Einen ernsthaften Digitalisierungsschub
– Eine versöhnende Verkehrspolitik für alle Interessengruppierungen
– Genug Lehrer für unsere Schulen
– Wirklich erkennbare nicht nur daher gesagte Weltoffenheit und die Bereitschaft, in der Liga der Weltstädte mitspielen zu wollen

Und da gibt es noch viel zu ergänzen…

Das alles vermissen wir und finden leider zudem viele Ansätze in dem neuen wohlklingenden Berliner Sondierungspapier, die uns berechtigt Sorgen machen. Etwas nicht zu tun in der aktuellen Lage, in der sich Berlin befindet, ist schon verheerend. Maßnahmen zu ergreifen, die die Lage weiter verschlimmern, möglicherweise exponentiell verschlimmern, wären ein ernsthafter Mordversuch, keine fahrlässige Tötung des Berliner Wohnungsmarktes.
Die abgelaufene Legislaturperiode hat Berlin wohnungsbaupolitisch nicht vorangebracht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Zahl der Baugenehmigungen ist, entgegen dem bundesweiten Trend, seit Jahren rückläufig; statt eine vernünftige Wohnungsbaupolitik in Gang zu setzen, wurden Prozesse verlangsamt, Mieter und Vermieter politisch gegeneinander ausgespielt und Feindbilder zementiert.

Nicht zuletzt der mittlerweile krachend vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterte Mietendeckel und eine ökonomisch irrationale Vergesellschaftungsdebatte haben viele Investoren abgeschreckt. Die Folge: Der Neubau stagniert, die Wohnungsknappheit in der Hauptstadt verschärft sich weiter.

Vermeintlich keine Sache – ganz große Wirkung

Der IVD Berlin-Brandenburg hatte deshalb vom Frühjahr bis kurz vor dem Wahltermin die Kampagne „Gute Räume für alle! 10 wohnungspolitische Gründe für einen Politikwechsel in Berlin“ durchgeführt. Unsere Forderungen und Vorschläge liegen auf dem Tisch, auch unsere Stellungnahme zur Enteignungsdebatte.

Diese hat nach dem erschreckenden Ergebnis des Mietenvolksentscheides in den jüngsten Sondierungsgesprächen von RGR leider die zu erwartende Dynamik entwickelt. Immer wieder wird man nun die 56% Berliner und ihr Votum instrumentalisieren oder als rhetorisches Druckmittel nutzen. Nichts Anderes ist leider zu erwarten. Dabei sind die Argumente dagegen so zahlreich wie stichhaltig. Nur eines möchte ich an dieser Stelle nennen:

Das Geld für die Enteignung einer Bestandswohnung würde für den Bau von zwei neuen Wohnungen reichen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Berlin Milliardenbeträge für den Kauf von Bestandswohnungen ausgeben soll. Die Probleme auf dem Berliner Wohnungsmarkt entstehen in erster Linie durch den Angebotsmangel. Neuer Wohnraum muss entstehen, damit der Markt etwas entspannt werden kann.

Leider hat Franziska Giffey, die vor der Wahl die Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände zur roten Linie von Sondierungsgesprächen erklärte, nunmehr eine Kommission ins Leben gerufen, die prüft, wie man diese rote Linie am besten überschreiten kann.

Nun könnte man sagen, dass das keine große Sache ist bei Politikern – aber – große Wirkung

Dass die SPD als schwacher Wahlgewinner nicht den Mut für einen echten Neustart aufbringt, das war vermutlich zu erwarten. Aber dass sie neben der Wiederbelebung der Regierungskoalition der Stadtbremser nicht mal den Mumm aufbringt, den Berlinern zu erklären, warum allein schon die Debatte rund um das Thema Enteignung – die ja eigentlich eine Vergesellschaftung meint – der Stadt ausschließlich schadet. Das ist ein Offenbarungseid.

Trotz aller Zweifel und Enttäuschungen, wir werden die Koalitionsgespräche konstruktiv begleiten, weiter Ideologen entlarven und für die Lösungen, die den Berlinern helfen, streiten. Das ist jetzt unsere Aufgabe, so wie unser politisch erfolgreicher Dachverband auf Bundesebene die politische Ampel begleiten wird. Ich freue mich schon auf die Ausführungen unseres Präsidenten dazu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste unseres Berlin-Brandenburger Immobilientages.

Politik und Gesetzgebungsverfahren zu begleiten ist nicht alles, was wir als Berufs- und Wirtschaftsverband im Auftrag unserer Mitgliedsunternehmen zuwege bringen. Interessenvertretung ist nur ein Aspekt neben den Orientierungshilfen, d.h. Informationen und Beratungsleistung, der Weiterbildung und der Vernetzung. Der große Unterschied ist jedoch, dass die Ergebnisse der Interessenvertretung allen Marktteilnehmern einen hohen Nutzen stiften und deren berufliche und wirtschaftliche Zukunft sichern, egal ob sie Mitglied sind oder nicht. Ich erwähne das immer gerne zum Immobilientag, an dem wir auch Gäste begrüßen dürfen, die noch nicht Mitglied in Ihrem Berufsverband sind. Was hält Sie auf? Sie sind herzlich willkommen, diese starke Gemeinschaft braucht jede Stimme für das, was vor uns liegt!

Sie wissen schon: kleine Sache – große Wirkung

Ich freue mich auf eine erkenntnisreiche Fachtagung gemeinsam im Kollegenkreis. Und natürlich heute am späteren Nachmittag noch auf die Mitgliederversammlung des IVD Berlin-Brandenburg. Danke für Ihre Aufmerksamkeit, die Sie jetzt bitte unserem Präsidenten Jürgen Michael Schick schenken.