Schadensersatzpflicht bei verschwiegenem Wegfall des Eigenbedarfs. 3

Schadensersatzpflicht bei verschwiegenem Wegfall des Eigenbedarfs.

Der häufigste Kündigungsgrund von Wohnungsmietverhältnissen ist neben dem Zahlungsrückstand der Eigenbedarf des Vermieters. Will der Vermieter die Wohnung selber nutzen oder einer Person seiner Familie überlassen (nicht vermieten), kann er den Mietvertrag kündigen. Fällt der Eigenbedarf weg, muss er den Mieter hierüber informieren. Unterlässt er diese Information, ist er verpflichtet, dem Mieter Schadensersatz zu leisten. Unklar war in der Vergangenheit, bis zu welchem Zeitpunkt der Vermieter den Mieter über den Wegfall des Eigenbedarfs in Kenntnis setzen muss. Das Landgericht Berlin ging davon aus, dass die Mitteilung bis zum Auszug des Mieters erfolgen müsse.

Der Bundesgerichtshof entschied in der Revision mit Urteil vom 09.12.2020 – VIII ZR 238/18, dass die Informationspflicht des Vermieters nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist erfolgen müsse. Über einen nach Ende der Kündigungsfrist weggefallenen Eigenbedarf müsse er den Mieter nicht mehr informieren. Weiter urteilte der BGH, dass Schadensersatz nur für solche Positionen zu leisten sei, die dem Wesen des Mietverhältnisses entsprächen. Der Mieter hatte aufgrund der Kündigung mit dem Vermieter eine gerichtliche Einigung über die Räumung getroffen und zwar im Stadium des laufenden Berufungsverfahrens der Räumungsklage. Der Mieter hatte nun eine Eigentumswohnung erworben. Das Gerichtsverfahren dauerte mehrere Jahre, der Eigenbedarf des Vermieters war nun weggefallen. Mit einer anschließenden Klage des Mieters verlangte er vom Vermieter die Erstattung der Provision von 29.543,42 €, welche er für den Erwerb der Eigentumswohnung gezahlt hatte. Hierzu urteilte der BGH, dass Maklerkosten für den Ankauf von Ersatzwohnraum keinen Kündigungsfolgeschaden bedeuten, da Ankauf und Anmietung einer Wohnung zur Deckung des Wohnbedarfs zu unterschiedlich seien. (Im ursprünglichen Räumungsverfahren hatten sich Vermieter und Mieter im Wege eines gerichtlichen Vergleichs auf die Rückgabe der Wohnung an den Vermieter unter Einhaltung einer ausgehandelten Räumungsfrist bis Ende Februar 2016 geeinigt. Die ursprüngliche Kündigung war zum 31.08.2012 erklärt worden.)

Schadensersatzpflicht bei verschwiegenem Wegfall des Eigenbedarfs. 4

Profitipp:
Eigenbedarfskündigungen sind häufig umstritten. Kann die Kündigung nicht durchgesetzt werden, steht oftmals das wirtschaftliche Ziel des erfolgten oder geplanten Immobilienerwerbs in Frage. Andererseits ist aber auch festzustellen, dass Eigenbedarfskündigungen teilweise vorgetäuscht werden. Beides führt zu einem besonderen Spannungsfeld. Treffen Vermieter und Mieter eine Vereinbarung über die Rückgabe der Wohnung, den Auszugszeitpunkt, sinnvollerweise ergänzt um eine Regelung zu Schönheitsreparaturen und Umzugskosten sowie vorzeitige Auszugsmöglichkeiten für den Mieter, ist nun auch zu berücksichtigen, ob eine solche Einigung vor oder nach Ende der ursprünglichen Kündigungsfrist getroffen wird. Wird eine Räumungsvereinbarung vor Ende der Kündigungsfrist getroffen und besteht die Möglichkeit, dass der Eigenbedarf noch wegfällt, sollte dies unbedingt in der Vereinbarung geregelt werden, um einerseits die Position des Vermieters offenzulegen und andererseits spätere Auseinandersetzungen um Schadensersatzansprüche auszuschließen.

 

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Ulrich Joerss
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