Haftungsfalle hydraulischer Abgleich Magazin 012024
Portait Daniel Burgis
Ing. Daniel Burgis, M.Sc., Gründer und Geschäftsführer Wärmehelden GmbH

Vorsicht Haftungsfalle – der hydraulische Abgleich bei der Heizungsoptimierung

Ab dem 1. Oktober 2024 wird ein hydraulischer Abgleich in allen Gebäuden mit mindestens sechs Wohnungen gesetzliche Pflicht, wenn die bestehende Heizung 15 Jahre oder älter ist. Die Pflicht zur Heizungsoptimierung droht zur Haftungsfalle für viele Immobilienverwalter zu werden.

In bestehenden Gebäuden ist der Aufwand für die Durchführung sehr hoch. Umfangreiche Abstimmungstermine mit der Mieterschaft, zahllose Anfahrten der Installateure, vereinzelte Duldungsklagen, Beschlussanfechtungen und Mietminderungen können die Folge sein. Kurz gesprochen der absolute Worst-Case für jeden Immobilienverwalter.

Um die Durchführung ist bereits ein Markt entstanden.  Verschiedene Akteure bieten inzwischen vermeintlich unkomplizierte Lösungen mithilfe modernster Messtechnik an. Das Versprechen lautet: Die Pflicht zur Optimierung der Heizung wird künftig einfach per Fernwartung mit geeigneten elektronischen Heizkörperthermostaten durchgeführt. Alles erfolgt automatisch durch Zauberhand. Was verlockend simpel klingt, könnte sich als Trugschluss herausstellen.

Holen Sie sich noch einen Kaffee oder konzentrationsförderndes Getränk Ihrer Wahl und begleiten Sie mich im Folgenden in die inzwischen hochpolitische Welt der Heizungstechnik!

Was der Gesetzgeber von Ihnen verlangt

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sieht einige Regelungen im Umgang mit der Heizungsanlage Ihres Gebäudes vor. Zunächst definiert der Gesetzgeber in §7 GEG die Regeln der Technik und bezieht damit die privatwirtschaftlichen Normen in den Geltungsbereich des Gesetzes ein 

Dienen Teile einer Heizungsanlage der Energieeinsparung sind diese Anlagenteile vom Betreiber betriebsbereit zu halten! Auch muss der Betreiber die Anlage regelmäßig warten und Instand halten. Nachzulesen in den §§ 57 ff. GEG. Der Betreiber ist in der Regel der Hauseigentümer.

Zudem verlang der Gesetzgeber die Optimierung der Heizungsanlage. Erwähnt der Gesetzgeber den hydraulischen Abgleich für eine bestehende Heizung nicht explizit, aber der hydraulische Abgleich gehört zu den einstellbaren technischen Parametern und Maßnahmen zur Absenkung der Vorlauftemperatur entsprechend der Aufzählung im § 60b Absatz 1 GEG.

Damit wird die Durchführung des hydraulischen Abgleichs für bestehende, bisher nicht abgeglichene Heizungsanlagen Pflicht. Das gilt auch für die künftig erneuerten Heizungsanlagen.

Hydraulischer Abgleich – so sollte er durchgeführt werden

Der Gesetzgeber hat den Anforderungen an den hydraulischen Abgleich im §60c GEG genau definiert. Er muss geplant und nach Verfahren B der ZVSHK-Fachregel durchgeführt werden.

Außerdem hat der Mieter einen Anspruch auf die Durchführung des hydraulischen Abgleichs nach Verfahren B. Er darf die korrekte Durchführung verlangen und kontrollieren! Die korrekte Durchführung umfasst auch die Planungsleistung. Das heißt insbesondere die Heizlastberechnung für das Gebäude und die Optimierung der Heizflächen.

Genau diese Planungsleistung soll mit den elektronischen Thermostatventilen eingespart werden. Folglich umfasst die beworbene Lösung nur einen Teil der gesetzlichen Pflicht und erfüllt damit nicht den benötigten Standard.

Im Gegenteil: Die intelligenten Ventile könnten den Mieter sogar zur  Mietminderung berechtigen. Die genaue Höhe der Mietminderung werden die Gerichte erst noch klären müssen. Aber die Klagen werden nicht lange auf sich warten lassen.

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Elektronische Thermostate lösen dauerhafte Instandhaltung aus

Darüber hinaus entsprechen die Thermostate dem bereits erwähnten Verfahren B nicht. Damit bewegt sich diese Technologie in unsicheren Gefilden. Ob dieses Verfahren überhaupt von Behörden akzeptiert wird, ist ungewiss. Insbesondere, da die elektronischen Thermostate unter die Instandhaltungspflicht fallen. Damit wird ein enormer Instandhaltungsaufwand auf die Eigentümer zukommen. Im Abstand von 12 Monaten werden die Batterien gewechselt werden müssen. Selbstverständlich auf Kosten des Vermieters.

Das AG Charlottenburg hat in der Vergangenheit bereits festgestellt, dass der hydraulische Abgleich zur Instandhaltung der Heizungsanlage gehört und die Durchführung damit auch keine Betriebskosten oder Modernisierung darstellt. 

Hydraulischer Abgleich – mit Low-Tech sind Sie auf der sicheren Seite

Damit lässt sich folgendes feststellen: Was als unkomplizierte smarte Lösung verkauft wird, stellt sich bei genauerem Hinsehen als Kostenfalle heraus. Der automatische hydraulische Abgleich mit Thermostatventilen genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die erforderlichen Planungsleistung, nicht durchgeführt werden. Im Verfahren B sind jedoch alle vorgeschriebenen Planungsleistungen umfasst. Selbst wenn die Planungsleistung zusätzlich bestellt wird, fällt der Abgleich mit elektronischen Thermostatventilen in die Öffnungsklausel des Gesetzes und unterliegt damit behördlicher Willkür.

Und schlussendlich, selbst wenn die Behörden das Verfahren akzeptieren, lösen die Thermostate enormen Instandhaltungsaufwand aus. Die Batterien müssen regelmäßig erneuert werden und viele Mieter werden diesen Aufwand nicht übernehmen. Damit wird der Hausverwalter regelmäßig den Austausch organisieren müssen. Der Zugang zu jeder Wohnung muss möglich sein.  Ein enormer Aufwand, jedes Jahr.

Mit dem Low-Tech-Verfahren bestehend aus Planung, Austausch der bestehenden Ventile und deren Einstellung gemäß Berechnung, werden Sie den organisatorischen Aufwand genau ein einziges Mal haben. Sofern Sie die Heizung nicht mehr verändern. 

Meiner Erfahrung nach ist das altbewährte Verfahren in der Durchführung nicht teurer als der High-Tech-Ansatz. Es klingt nur nicht so sexy.

 

Über den Autor:

Ing. Daniel Burgis, M.Sc., Gründer und Geschäftsführer Wärmehelden GmbH

Als zertifizierter Energie-Effizienz-Experte berät er Immobilienbesitzer umfassend bei der energetischen Sanierung bestehender Objekte. Er verfügt über langjährige Erfahrung in Sanierung und Verkauf von bestehenden Immobilien. Sein Spezialgebiet ist die kosteneffiziente Integration von Wärmepumpen im Bestand. Als Wirtschaftsingenieur hat er dabei ein besonderes Augenmerk auf den Einsatz von staatlichen Fördermitteln. 

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Bildnachweis: AdobeStock_© Andrey Popov


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