Immobilienprofis als Vermittler – (auch) im Konflikt?
Als Immobilienprofis sind Sie die geborenen Vermittler: die einen unter Ihnen vermitteln Immobilien, die anderen bewerten sie, die dritten wiederum verwalten sie im Alltag. Jede und jeder von Ihnen muss in ihrer/seiner Tätigkeit verschiedene Interessen unter einen Hut bringen. Das ist schon dann anspruchsvoll, wenn sich alle Beteiligten gut verstehen – sobald allerdings Konflikte auftauchen, wird es zu einer besonderen Herausforderung.
Konflikte wiederum gibt es im Immobilienumfeld zuhauf: ob Streitigkeiten während eines Bauvorhabens, zwischen Nachbarn, Miteigentümern (WEG), zwischen Mieter und Vermieter, innerhalb einer Erbengemeinschaft oder zwischen in Scheidung lebenden Ehegatten, um nur eine Auswahl zu nennen – davon können Sie sicher alle ein Liedchen singen.
Solange alles gut läuft, sprechen die Beteiligten ja noch gerne miteinander. Sobald aber Unstimmigkeiten im Raum sind, wenn z. B. das gekaufte Haus einen Mangel aufweist, dann geht die Kommunikation plötzlich über die Maklerin. Wenn Nachbarn nicht mehr miteinander reden können oder wollen, wenden sie sich an den Verwalter. Das in Scheidung lebende Ehepaar korrespondiert nur noch über die Sachverständige. Sollen Sie als Vermittler/in nun also auch zwischen den Parteien vermitteln.
Das ist Geschmackssache und natürlich Ihnen selbst überlassen – je nachdem, womit Sie sich wohlfühlen. Eins ist jedoch klar: Sie müssen aufpassen, nicht selbst zwischen die Fronten zu geraten. Was gilt es also zu beachten? Hier ein paar Gedanken, wie es Ihnen gelingen kann, Ihre eigene Linie zu finden:
1. Am Konflikt unbeteiligt, als Immobilienprofi gefragt
Es kommt häufig vor, dass der Immoblienprofi unbeteiligt in einen Konflikt hineingerät. Sei es, dass Sie den Frust Ihres
Vertragspartners abbekommen und als Blitzableiter herhalten müssen. Wenn Sie also beispielsweise unangemessen angesprochen werden, hat es sich bewährt – anstatt sich gleich persönlich angegriffen zu fühlen – einmal kurz innezuhalten und sich zu fragen, ob das, was hier gerade passiert, überhaupt etwas mit Ihnen zu tun hat.
Falls ja, können Sie ruhig auf Ihr Gegenüber eingehen und die Situation klären. Und wenn nicht – was übrigens häufig der Fall ist -, dann können Sie den Ärger ruhig dort lassen, wo er ist: nämlich bei Ihrem Gesprächspartner. Wenn es Ihre Zeit hergibt, können Sie ihm vielleicht mit einem freundlichen und einfühlsamen Gespräch helfen, dass sich seine Anspannung löst.
Es gibt auch noch den zweiten Fall, in dem bewusst oder unbewusst von Ihnen erwartet wird, dass Sie nun auch im Streit vermitteln sollen. Hier gibt es kein Richtig oder Falsch, jedoch verschafft Ihnen eine bewusste Entscheidung für oder gegen diese (zusätzliche) Art der Vermittlung Sicherheit.
Wichtig ist, dass Sie zunächst einmal für sich Ihre Rolle klären. Machen Sie sich bewusst, welche Rolle Sie gerade innehaben (z. B. die des Immobilienmaklers) und ob Ihnen möglicherweise gerade eine weitere Rolle angetragen wird (wie z. B. die des Konfliktvermittlers). Spüren Sie in sich hinein, ob Sie diese zusätzliche Rolle annehmen möchten oder nicht. Die Entscheidung liegt bei Ihnen.
Soweit Sie sich damit wohlfühlen, spricht nichts dagegen. Möglicherweise lassen Sie sich diese Tätigkeit zusätzlich vergüten, schließlich ist es eine weitere Dienstleistung, die Sie erbringen. Wenn hier allerdings Ihre Grenzen überschritten werden, können Sie auch dankend ablehnen. Wenn Sie jemanden in Ihrem Netzwerk haben, der auf Konflikte spezialisiert ist, können Sie ja Ihren Kontakt empfehlen. Es ist gut, hier auf sich selbst zu achten, damit Sie sich nicht zerreiben (lassen).
2. Konflikte am Arbeitsplatz
Konflikte am Arbeitsplatz treten überall auf, also auch in der Immobilienbranche. Auch hier ist gutes Konfliktmanagement Gold wert. Gerade in einer Sparte, die mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen hat, sind die eigenen Mitarbeiter das beste Aushängeschild für jeden Betrieb – übrigens auch die ehemaligen.
Konfliktmanagement meint nichts anderes als die richtige Konfliktlösungsmethode für den jeweiligen Konflikt zu finden. Als Arbeitgeber können Sie gar nicht früh genug anfangen, sich mit dem Thema „Konflikt“ zu beschäftigen. Machen Sie es zu Ihrem Thema – Konflikte sind immer Chefsache. Am besten sogar noch, bevor sie überhaupt entstehen – präventiv.
Dabei geht es nicht darum, den Konflikt als solchen zu vermeiden, sondern seine Eskalation. Das wiederum bedeutet, Ihre Mitarbeiter/innen zu befähigen, Meinungsverschiedenheiten ressourcenschonend und gewinnbringend auszutragen. Voraussetzung hierfür ist eine gute Vertrauensbasis zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern.
Sie tun gut daran ein Klima zu schaffen, in dem Konflikte angesprochen werden können, in dem sie als normal akzeptiert werden und kein Tabu sind. Denn erst wenn die Existenz eines Konflikts anerkannt wird, wird er besprechbar und dadurch lösbar. Wenn nicht, dann ist der Elefant zwar trotzdem im Raum, aber alle versuchen irgendwie drum herum zu manövrieren – vielleicht kennen Sie solche Situationen.
Pflegen Sie also Ihre Mitarbeiter/innen, bieten Sie ihnen Möglichkeiten sich fachlich und persönlich weiter zu entwickeln, z. B. indem Sie ihnen bei Bedarf einen Coach zur Seite stellen und Workshops zu Themen rund um Kommunikation und Konflikt anbieten.
Eine wertschätzende Unternehmenskultur ist der Schlüssel, um hochqualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Hierzu gehört auch eine schöpferische Streitkultur. Stärken Sie die Konfliktkompetenz Ihrer Mitarbeiter und es wirkt sich positiv auf das Betriebsklima aus, was wiederum auch nach außen ausstrahlt – auf Kunden, Geschäftspartner und potenzielle Mitarbeiter/innen.
Seien Sie also sensibel für das Thema Konflikt und schauen Sie genau hin. Lernen Sie Konfliktanzeichen zu erkennen und greifen Sie früh ein, sollten Sie welche entdecken. Scheuen Sie sich außerdem nicht, bei Bedarf auf externe Unterstützung zuzugreifen – dafür gibt es Konfliktmanagementprofis, die genau darauf spezialisiert sind.
3. Selbst Konfliktpartei
Zum Schluss können natürlich auch Sie als Immobilienprofi in einen Konflikt mit Ihrem Vertragspartner geraten. Ist Ihr Gegenüber ein Verbraucher, so steht es diesem frei, den Ombudsmann Immobilien anzurufen, sofern Sie Mitglied im IVD sind. Diese Zuständigkeit wurde auch auf private Bauvorhaben ausgeweitet.
Darüber hinaus ist die Aufnahme einer Mediationsklausel in die eigenen Verträge sinnvoll. Die Parteien können sich hierdurch – je nach Ausgestaltung – schon bei Vertragsschluss bewusst dazu verpflichten, in einem etwaigen Streitfall zunächst eine Mediation durchzuführen, bevor sie beispielsweise die ordentlichen Gerichte anrufen.
Ich wünsche Ihnen ein glückliches Händchen in Ihrer jeweiligen Vermittlerrolle. Sollten Sie sich Unterstützung beim Umgang mit Konflikten wünschen, kontaktieren Sie mich gerne.
Autorin:
Alexandra Sarstedt
Rechtsanwältin und Mediatorin
E-Mail: mail@alexandrasarstedt.de
www.alexandrasarstedt.de