IVD Berlin-Brandenburg: Politikempfehlungen zur Landtagswahl
Am 1. September 2019 finden in Brandenburg Landtagswahlen statt. Die zukünftige Landesregierung sollte nach Einschätzung des IVD Berlin-Brandenburg besonderes politisches Augenmerk auf die Themenfelder Wohnungspolitik, gleichwertige Lebensverhältnisse und Altlastenbeseitigung legen.
„Der Immobilienboom der vergangenen Jahre hat auch in Brandenburg zu einem Wohnungsmangel in attraktiven Städten und Lagen geführt. Die Eigentumsquote steigt, wenn auch lange nicht stark genug. Die Ausweitung und Beschleunigung des Wohnungsneubaus sowie die Förderung immobiliengestützter Altersvorsorge sollten Priorität genießen.“
— Kerstin Huth, Vorsitzende des IVD Berlin-Brandenburg
Darüber hinaus müssen die spezifischen Bedürfnisse des Bundeslandes politische Beachtung finden. Etwa 44 Prozent der 2,5 Millionen Brandenburger leben im Einzugsbereich Berlins, 56 Prozent in eher strukturschwachen Regionen Brandenburgs. „Die Lage Berlins innerhalb Brandenburgs ist gleichzeitig Herausforderung und Chance. Während sich das Berliner Umland wachsender Bevölkerung, Wirtschaft und eines robusten Immobilienmarktes erfreut, leiden die ländlichen Lagen unter der Abwanderung junger und gut ausgebildeter Menschen, stagnierender Wirtschaft und stagnierenden Immobilienmärkten. Um diese heterogene Entwicklung auszugleichen, sollte die neue Landesregierung die Voraussetzungen für gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen“, sagt Kerstin Huth.
An dritter Stelle der Prioritätenliste des IVD Berlin-Brandenburg steht die Beseitigung von Altlasten. Aufgrund der jüngeren Geschichte sind viele Orte in Brandenburg mit Kampfmitteln belastet und nicht oder nur eingeschränkt nutzbar.
Der IVD Berlin-Brandenburg hat für die benannten Politikfelder Empfehlungen ausgearbeitet.
Themenfeld Wohnen und Wohnungsbau
Senkung der Grunderwerbssteuer
Die Grunderwerbsteuer ist in Brandenburg ein großes Wohnungsbauhindernis. Der Steuersatz von 6,5 Prozent gehört zu den deutschlandweit höchsten. Er verteuert den Wohnungsbau und stellt in Orten mit hohen Grundstückspreisen wie im Berliner Umland ein Bauhindernis dar. Privater Eigentumserwerb wird ebenfalls erschwert. Deshalb plädiert der IVD Berlin-Brandenburg für eine Absenkung der Grunderwerbsteuer. „Darüber hinaus würden wir uns von der zukünftigen Landesregierung wünschen, dass sie im Bundesrat für einen bundesweit einheitlichen Steuersatz von 3,5 Prozent für alle Marktteilnehmer und Nutzungsklassen eintritt“, unterstreicht Michel Sawall, Stv. Vorsitzender des Berufsverbandes.
Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer
Zudem sollte der private Eigentumserwerb gezielt von der Grunderwerbsteuer befreit werden. Der IVD Berlin-Brandenburg schlägt dafür einen Freibetrag in Höhe von 250.000 Euro je Erwerber vor. Zusätzlich sollte für jedes einziehende Kind ein Freibetrag in Höhe von 10.000 Euro gewährt werden. Die Grunderwerbsteuer belastet direkt das Eigenkapital und behindert den Eigentumserwerb. Für viele Erwerbswillige stellt das Eigenkapital nämlich die zentrale Hürde dar. Selbst wer diese Hürde nehmen kann, sieht sich aufgrund des durch die Steuer reduzierten Eigenkapitals mit höheren Zinsen für den Immobilienkredit konfrontiert.
Verbesserung der Bauplanungs- und Bauantragsprozesse
Die Prozesse im Vorfeld des Wohnungsbaus weisen erhebliches Potenzial zur Kostensenkung und Beschleunigung auf. Um dieses Effizienzpotenzial zu heben, schlägt der IVD Berlin-Brandenburg vor, dass in den Baugenehmigungsämtern immer eine bestimmte Person für einen Bauantrag zuständig sein sollte. Diese koordiniert – ausgestattet mit den entsprechenden Kompetenzen – die Antragsbearbeitung mit sämtlichen Beteiligten. Darüber hinaus sollte das Land Brandenburg die Empfehlung der Baulandkommission für eine verstärkte Digitalisierung von Planungs-, Beteiligungs- und Genehmigungsprozessen umsetzen. Damit werden Informationen besser erfassbar und zugänglich gemacht, Prozesse vereinfacht und transparenter. Im Einzelnen sollten Bauanträge digital erfasst und bearbeitet werden und die Schriftformerfordernis sollte abgeschafft werden. Darüber hinaus sollte eine digitale Plattform geschaffen werden, über die die gesamte Planung, Genehmigung und Partizipation abgewickelt werden kann.
Aufbau einer Umweltdatenbank
Um die im Vorfeld von Bauplanung und -genehmigung notwendigen Umweltuntersuchungen zeit- und kostensparend zu gestalten, schlägt der IVD Berlin-Brandenburg vor, eine zentrale und öffentlich zugängliche Datenbank einzurichten. Alle Untersuchungsergebnisse sollen dort erfasst werden. Dadurch werden doppelte Untersuchungen vermieden. Außerdem wären Untersuchungsergebnisse damit auch für Nachbargrundstücke anwendbar.
Wohnungspolitik in Abgrenzung zu Berlin
Angesichts der aktuellen Debatten in Berlin um die Enteignung von Wohnungsunternehmen und die Einführung von Mietendeckeln für Wohn- und Gewerbemieten warnt der IVD Berlin-Brandenburg vor Nachahmung. „Brandenburg ist nicht Berlin. Die Wohnungsmärkte weisen unterschiedliche Probleme auf. Deshalb legen wir der neuen Landesregierung ans Herz, eigene Lösungen zu entwickeln. Wir beobachten mit Sorge, dass der Berliner Senat dem Immobilienmangel mit einem Einfrieren des Marktes statt mit Neubauförderung begegnet. Immobilieninvestoren und Bauherren werden abgeschreckt und werden nach alternativen Standorten Ausschau halten. Daraus kann für Brandenburg eine echte Chance erwachsen. Allerdings nur, wenn sie dort verlässliche Rahmenbedingungen vorfinden“, sagt Nils Werner, Geschäftsführer des IVD Berlin-Brandenburg.
Themenfeld gleichwertige Lebensverhältnisse
Verkehr
Eine leistungsfähige Infrastruktur und gute Mobilitätsvernetzung mit Berlin sind die Grundlage für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung des Landes Brandenburg. Die künftige Regierungspolitik sollte dem Rechnung tragen und dafür sorgen, dass alle Brandenburger und Berliner das ganze Land verlässlich und in einem ansprechenden Takt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen können. Dabei sollte insbesondere auf einen Mix leistungsfähiger Mobilitätsangebote geachtet werden. Neben einem Ausbau des Schienen- und Straßennetzes müssen auch ausreichend Angebote für flexible Mobilität wie Park-and-Ride-Flächen zur Verfügung gestellt werden.
Baulandentwicklung an Haltepunkten entlang der SPNV-Trassen
Um gleichzeitig strukturschwache Regionen zu stärken und angespannte Wohnungsmärkte zu entlasten, sollte die Entwicklung von Bauland in Gemeinden, die im Einzugsbereich eines oder mehrerer SPNV-Haltepunkte liegen (max. 3 km im Radius), forciert werden. „Dieses Konzept wird derzeit in Nordrhein-Westfalen erprobt, wo ebenfalls die Aufgabe besteht, die unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten zwischen Ballungsräumen und strukturschwachen Regionen auszugeichen“, sagt Karsten Gantert, Projektentwickler und Mitglied im Erweiterten Vorstand des IVD in Brandenburg.
Breitbandausbau
Ein leistungsfähiges und überall verfügbares Mobilfunk- und Internetnetz sind wesentliche Voraussetzungen dafür, dass sich ein Standort wirtschaftlich positiv entwickeln kann und als Wohnstandort attraktiv ist. Deshalb müssen der Breitbandausbau beschleunigt und die zum Teil erheblichen Lücken im Mobilfunknetz geschlossen werden.
Interkommunale Kooperation stärken
Um die heterogenen Entwicklungsbedingungen auszugleichen, empfiehlt der IVD Berlin-Brandenburg, interkommunale beziehungsweise stadtregionale Kooperation zu stärken und zu institutionalisieren. Dazu gehört auch die Wohnbaulandentwicklung in den dynamischen Wachstumsregionen zu koordinieren, die Raumordnung neu zu denken und die Stadterweiterung Berlins an Achsen entlang zu fördern. „Wir empfehlen der neuen Landesregierung, die Zusammenarbeit mit Berlin bei grenzüberschreitenden Sachverhalten enger abzustimmen. Es wäre auch wünschenswert, wenn Berlin und Brandenburg irgendwann ineinander aufgehen könnten. Das wäre für beide Länder eine sehr große Chance“, so Kerstin Huth.
Themenfeld Altlastenbeseitigung
Gefahrenpotential durch Kampfmittel reduzieren
Brandenburg war im Zweiten Weltkrieg von massiven Kampfhandlungen betroffen und zur Zeit der DDR wurden dort viele Truppenübungsplätze betrieben. Die resultierende Kampfmittelbelastung stellt nicht nur eine Gefahr für die Bewohner, sondern auch eine massive wirtschaftliche Belastung dar. Sie stellt in einigen Gebieten, wo Wohnraum entstehen könnte und sollte, auch ein großes Investitionshemmnis dar. Brandenburg braucht ein Gesamtkonzept zur systematischen und vorausschauenden Beseitigung des Gefahrenpotenzials durch Kampfmittel. Zudem müssen mehr Finanzmittel bereitgestellt werden, um diese Jahrhundertaufgabe zu lösen.
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