Kaufpreisaufteilung bei Erwerb eines vermieteten Grundstücks
Mit Urteil vom 21.7.2020 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Finanzgerichte eine vertraglich vereinbarte Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude nicht deshalb verwerfen dürfen, weil diese von dem Ergebnis der sog. Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums (BMF) abweicht. Die „Arbeitshilfe“ stellt auch keine geeignete Schätzungsgrundlage dar, um den Gebäudewertanteil zu ermitteln. Die Gerichte müssen deshalb hierfür ein Sachverständigengutachten einholten.
Wer ein vermietetes Grundstück erwirbt, muss die Anschaffungskosten in einen Boden- und einen Gebäudewertanteil aufteilen. Denn Bemessungsgrundlage für die Abschreibung (AfA) ist nur der Gebäudewertanteil der Anschaffungskosten. Der Bodenwertanteil ist nicht abschreibungsfähig. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Steuerrechts ist für die Aufteilung das Verhältnis der Verkehrswerte des Bodens und des Gebäudes maßgeblich. Seit jeher war dabei vor allem streitig, wie der Wert des Gebäudes – ohne Berücksichtigung des Bodens – ermittelt werden muss. Um den Finanzämter die Arbeit zu erleichtern, hat das Bundeministerium für Finanzen im Jahre 2004 eine sog. Arbeitshilfe veröffentlicht, durch der Gebäudewert anhand einiger Daten über das Grundstück automatisch errechnet wird. Dabei wird der Verkehrswert des Gebäudes in einem vereinfachten Schwertverfahren ermittelt. Die Arbeitshilfe war von Anfang an sehr umstritten, weil sich danach Gebäudewertanteile ergeben, die sehr viel niedriger sind als bei einer Aufteilung durch Sachverständige. Um Streit über die Aufteilung und die Einholung von Sachverständigengutachten zu vermeiden zu, hat der BFH entschieden, dass die Parteien in dem Kaufvertrag die Zuordnung des Kaufpreises auf den Boden und das Gebäude vereinbaren dürfen und dass diese Vereinbarung für das Finanzamt bindend ist, solange sie nicht missbräuchlich ist. Ein Missbrauch soll nach dieser Rechtsprechung nur vorliegen, wenn für den Boden weniger als 90 Prozent des Bodenrichtwertes vereinbart wird (BFH-Urteile vom 01.04.2009- IX R 35/08 und vom 18.01.2006 – IX R 34/05). Wie der BFH mit Urteil vom 21.07.2020 (IX R 26/19) entschieden hat, darf das Finanzamt eine solche Vereinbarung nicht schon deswegen außer Acht lassen, weil sie von der Aufteilung nach der sog. Arbeitshilfe abweicht. Denn diese Abweichung stellt kein Indiz für eine unangemessene Aufteilung dar.
Haben die Parteien eine solche Vereinbarung unterlassen oder ist die getroffene Vereinbarung unwirksam, weil sie missbräuchlich einen zu hohen Gebäudewertanteil ausweist, darf die Finanzverwaltung den Gebäudewertanteil außerdem nicht anhand der Arbeitshilfe des BMF schätzen. Stattdessen müssen die Verkehrswerte des Bodens und des Gebäudes sachverständig ermittelt werden. Wahrscheinlich wird die Finanzverwaltung aufgrund dieser Entscheidung ihre Arbeitshilfe überarbeiten und einer tatsächlichen Wertermittlung annähern.
Um eine Aufteilung der Anschaffungskosten nach den tatsächlichen Wertverhältnissen zu vermeiden, sollte man eine Vereinbarung über die Aufteilung des Kaufpreises in einen Boden und einen Gebäudewertanteil in den Kaufvertrag aufnehmen und für den Boden mindestens 90 Prozent des Bodenrichtwertes ansetzen. . Allerdings lehnen dies viele Notare noch immer ab. Teilweise glauben sie, dass es sich dabei um den Versuch einer Steuerhinterziehung handelt. Vor allem aber befürchten sie, dass der Käufer damit eine Gewährleistung hinsichtlich der Höhe des Gebäudewertanteils übernimmt. Dies ist aber nicht so. Denn der Käufer sichert durch eine solche Vereinbarung die Höhe des Gebäudewertanteils nicht zu und übernimmt keine Gewähr für dessen Anerkennung durch die Finanzverwaltung. Richtig formuliert vereinbaren die Parteien nämlich nicht die Höhe des Gebäudewertanteils des Kaufpreises, sondern, welchen Teil des Kaufpreises sie dem Boden und dem Gebäude – vertraglich – zuordnen. Damit die Vereinbarung für die Finanzverwaltung bindend ist, sollte man für den Bodenwertanteil mindestens 90 Prozent des Bodenrichtwerts ansetzen(Bodenrichtwerts) angesetzt werden. Vor der Vereinbarung sollte man daher den Bodenrichtwert für das Grundstück ermitteln.
In Zukunft sollte man daher eine Aufteilung nach der Arbeitshilfe nicht akzeptieren. Aber auch, wer in der Vergangenheit die Aufteilung nach der Arbeitshilfe akzeptiert hat, kann sich für die kommenden Jahre auf diese Entscheidung berufen. Denn über die Aufteilung des Kaufpreises gibt es keinen gesonderten Feststellungsbescheid, der eine Bindungswirkung für die Dauer der Abschreibung des Gebäudes entfalten würde. Entgegen einer verbreiteten Meinung entfaltet die Berechnung des Gebäudewertanteils für das Jahr der Anschaffung auch keine Bindungswirkung für die Folgejahre, sondern wirkt nur für das betreffende Jahr.
Im Streitfall hatte die Klägerin eine vermietete Eigentumswohnung in einer Großstadt zum Kaufpreis von 110.000 € erworben. Nach dem Kaufvertrag sollten davon 81,81 % auf das Gebäude entfallen und der Rest auf den Grund und Boden. Der Bodenwertanteil betrug dadurch nur etwa 25 Prozent des Bodenrichtwertes.
Die Finanzverwaltung vertrat die Ansicht, dass die vereinbarte Aufteilung nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche und ermittelte den Gebäudeanteil anhand der vom BMF im Internet bereitgestellten “Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” mit nur 31 %.
Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage ab und sah in der Arbeitshilfe ein geeignetes Wertermittlungsverfahren, um die Marktangemessenheit einer vertraglichen Kaufpreisaufteilung zu widerlegen, und als geeignetes Mittel um den Gebäudewertanteil zu schätzen.
Dem ist der BFH entgegengetreten. Die Arbeitshilfe des BMF gewährleiste die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude nicht. Denn die Auswahl der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren würde auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren verengt. Zwar habe der BFH in der Vergangenheit regelmäßig eine Kaufpreisaufteilung unter Anwendung des Sachwertverfahrens für angezeigt gehalten. Welches Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist, sei jedoch nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden ist, so dass sich die Wahl der Ermittlungsmethode einer Verallgemeinerung entziehe und jedenfalls nicht auf ein Wertermittlungsverfahren beschränkt werden dürfe.
Vor allem aber weise die Arbeitshilfe einen systemischen Fehler auf, indem bei der Ermittlung des Gebäudewerts (NHK) kein sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktor berücksichtigt werde. Dieser sei vor allem in großstädtischen Ballungsräumen relevant, weil die Kostenkennwerte der NHK 2010, auf die sich die Arbeitshilfe stützt, Bundesmittelwerte sind. Dies führe gerade in Großstädten mit hohen Bodenrichtwerten –wie im Streitfall– zu einem überproportionalen Anteil des Grund und Bodens und damit zu mitunter sehr niedrigen Gebäudebewertungen.
Das FG sei deshalb im Fall einer streitigen Aufteilung des Kaufpreises verpflichtet, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen.
Hans-Joachim Beck
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