„Makler plus“: Nachhaltigkeit macht das „Plus“
Egal wie groß oder klein ein Unternehmen ist, egal aus welcher Branche, und sei es nur ein EinPersonen-Büro, die Frage „Wie hältst Du es mit der Nachhaltigkeit“ kommt zwangsläufig auf. Nachhaltigkeit ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Die Erwartungen von Klienten, Geschäftspartnern und Medien sind gewaltig. Und so müssen Antworten gefunden werden, zumindest im Kleinen.
Zu den „Standardmaßnahmen“ gehören die Nutzung von Ökostrom, Konzepte zum Sparen von Wärmenergie, Strom und Wasser, E-Mobilität sowie der Einsatz effizienter und ressourcenschonender Technologien. Hier sind unter anderem Geräte mit hohen Energieeffizienzklassen oder aber virtuelle Tagungstechnik gemeint. Immer mehr Termine finden virtuell statt, um CO2 zu sparen oder um Kunden und Mitarbeitern lange Wege zu ersparen.
Diese „Standardmaßnahmen“ sind jedoch kaum noch ein Unterscheidungsmerkmal, und das obwohl schon diese teils erhebliche Kosten verursachen. Schließlich sind Investitionen in E-Autos, E-Bikes und E-Roller, einen neuen Kühlschrank für den Pausenraum oder moderne PCs samt sicherer und anwenderfreundlicher Kollaborationstechnik nicht günstig. Wasserhähne mit Sensor und das obligatorische „beim Verlassen der Räume bitte Fenster schließen und Lichter ausschalten“-Schild finden keine besondere Anerkennung mehr.
Was hingegen Anerkennung findet, und sich deswegen auch für die eigene Marketingkommunikation eignet, sind ganzheitliche Konzepte, die beweisen, dass man sich individuell Gedanken gemacht hat. Der Klient verlangt nämlich nicht nur nach gelebter Nachhaltigkeit, sondern auch nach immer mehr Service. Hier ist er, bei aller Liebe zu Umwelt und zu sozialen Arbeitsbedingungen, kaum zu Abstrichen bereit. Und so müssen Maßnahmen, die der Nachhaltigkeit dienen, gleichermaßen mehrere Aufgaben erfüllen: Kosten senken, soziale Standards erhöhen – schließlich sollen auch die Mitarbeitenden glücklich und motiviert sein – Service und Kundennutzen erhöhen und die natürlichen Ressourcen schonen. In diesem Sinne muss auch der Nachhaltigkeitsbegriff neu definiert werden. Es geht um weit mehr als nur darum, hier und da etwas ökologischer zu werden. Vielmehr muss es gelingen, Nachhaltigkeit als Business-Konzept auf allen Ebenen zu begreifen und zu etablieren – und trotzdem, oder gerade deswegen, rentabel zu arbeiten.
Wenn zu alledem hinzukommt, mit derartiger Kreativität und klugen Innovationen auch das eigene Marketing zu beflügeln, sich mit seinen Ideen in Sachen Nachhaltigkeit als „Makler plus“ zu inszenieren, ist das Optimum erreicht: Nachhaltigkeit wird dann zum Business- und Ertragsmodell, das die richtigen Kunden anzieht und dem eigenen geschäftlichen Wohlbefinden dient. Nachhaltigkeit ist dann eben kein Kostenfaktor mehr, sondern gewinnbringend auf allen Ebenen. Sich hier Zeit für die eigenen Möglichkeiten zu nehmen, diese zu analysieren und am Ende zu einem ganzheitlichen Konzept zu kommen, ist kaufmännisch attraktiv.
Ökonomie und Ökologie sind dann kein Widerspruch mehr. Und der Makler, der ein ganz individuelles Konzept initiiert, kann so auch als „Leuchtturm“ in der Branche und in den Medien auffallen – und so ein Alleinstellungsmerkmal entwickeln. Jeder kann Vorbild werden – im Rahmen der eigenen Möglichkeiten und im Rahmen des individuellen regionalen oder fachlichen Marktumfeldes.
Wichtig bei einem solchen „Makler plus“-Konzept ist ein Gedanke: Die Wertschöpfungskette muss über den eigenen Tellerrand hinausgedacht werden. Wer nur für sein eigenes operatives Handeln denkt, wird bei den genannten „Standardmaßnahmen“ stehenbleiben. Schließlich ist auch ein Maklerbüro nur ein Büro. Und in einem Büro sind die Grenzen endlich: der Kopierer könnte etwas weniger Strom verbrauchen, die Idee eines papierlosen Büros könnte zumindest angedacht werden, Energiesparlampen und ergonomische Schreibtische sind die nächsten Investitionen. Das ist gut, aber eben nur die Pflicht. Die Kür beginnt, wenn Mitarbeiter, Lieferanten, Produkte, Immobilienkäufer und -verkäufer und andere Stakeholder einbezogen und integriert werden. Nachhaltigkeit ist ein Mannschaftssport mit Schnittstellen, die systemisches Denken verlangen.
Möglicherweise reicht es dann nicht mehr, sich als Vermittler zwischen dem Verkäufer und dem potenziellen Käufer zu betrachten, sondern es sind ganz andere Geschäftsmodelle erforderlich.
So wäre es beispielsweise denkbar, sich als der Makler zu positionieren, der insbesondere Objekte vermittelt, die überdurchschnittlich hohen Nachhaltigkeitsansprüchen genügen, oder, wenn dies nicht der Fall sein sollte, die man dorthin entwickelt. Der Makler würde gleichsam zum Experten für Nachhaltigkeit, der sowohl zu verkaufende Objekte ökologisch aufwertet, um sie dann teurer zu verkaufen, als auch zum Kostenoptimierer für den Käufer, in dem er dafür sorgt, dass die Betriebskosten dauerhaft niedrig bleiben, etwa durch Photovoltaik auf dem Dach, effiziente Wärmenutzung oder gar klimapositive Effekte in der Haustechnik. Der Makler wäre so nicht nur Vermittler, sondern zugleich Nachhaltigkeitsberater, Objektentwickler, Finanzoptimierer und Problemlöser, zum Beispiel durch enge Kooperationen mit Handwerkern, die sich ebenfalls hohen Nachhaltigkeitsstandards verpflichten.
In Objekten ist schließlich immer etwas zu tun. Und Handwerker sind schwer zu bekommen. Der Makler, der auf eine Handwerkerkooperation zurückgreifen kann, um Dinge schnell und im Sinne der Nachhaltigkeit wertsteigernd umzusetzen, hat zweifelsohne einen Vorteil gegenüber dem Wettbewerb. Er bietet einen Mehrwert, hat Lösungen für den Handwerkermangel und tut gleichzeitig etwas für die perfekte Vermarktung des Objektes. Die Erwartungen der Verkäufer dürften somit übererfüllt werden. Und der Käufer kann über die Nutzungsdauer langfristig ebenfalls bares Geld sparen.
Hinzu kommen könnte eine Beratung in Sachen Re- und Upcycling beim Umbau von Objekten oder bei der Entwicklung neuer Nutzungskonzepte. Mehr Wohnraum auf weniger Fläche, die Wiederverwertung von Baumaterialien, innenarchitektonische Facetten durch recycelte Möbel oder solche aus reinen Naturmaterialien liegen im Trend – so auch beim Home Staging. Der „Makler plus“ stellt sich immer auch in den Dienst der Gesellschaft, er denkt politisch und versucht, Probleme zu lösen. Neue Wohn- und Arbeitskonzepte sowie Inflation sind schließlich aktuell und verlangen nach Antworten – Antworten, die ein moderner Makler durchaus geben könnte.
Auch digitale Technologien dürften einen Mehrwert schaffen. Immer noch bieten nur sehr wenige Makler rein digitale Exposees und virtuelle Rundgänge an, die der persönlichen Besichtigung in nichts nachstehen. Je weiter das Metaverse voranschreitet, umso mehr Interaktion und Live-Feeling werden möglich sein. Schon heute geht weit mehr als nur der virtuelle Rundgang mit 3D-Technik – zu erschwinglichen Preisen. So lassen sich zugleich Kosten senken. Denn auch der Fachkräftemangel in der Immobilienbranche ist nicht zu unterschätzen. Wer auf diese Weise Fahrten vermeidet und zugleich den Zeiteinsatz der Klienten schont, darf das durchaus nachhaltig nennen.
Letztlich könnte auch das Maklerbüro selbst klimaneutral, gar klimapositiv sein: digitale Exposees, sparender Umgang mit Ressourcen, selbst produzierte und regenerative Energien, CO2- Kompensationen, Homeoffice-Konzepte und vieles weitere mehr bringen Vorteile für die Mitarbeitenden, die Klienten, die Umwelt und das eigene Portemonnaie.
Der „Makler plus“ denkt mit, auch für andere. Das ist das Wesen sinnstiftender Nachhaltigkeit. Ökologisches und soziales Handeln darf, ja muss, wirtschaftlich sein und auch der Gewinnmaximierung dienen, jedoch nicht ausschließlich der eigenen. Und so ist der „Makler plus“ einer, der Win-Win-Win-Situationen kreiert und dabei durchaus den eigenen Vorteil im Blick behält.
Über den Autor:
Jürgen Linsenmaier ist Experte für Nachhaltigkeit, Vortragsredner, mehrfacher Buchautor, Initiator des Magazins „Wirtschaft & Ethik“, Gründer der ETHIK SOCIETY sowie leidenschaftlicher Werber für unternehmerische Freiheit mit nachhaltiger Verantwortung.
Zudem ist er Trainer im IVD Bildungsinstitut Berlin-Brandenburg.
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