Ausnahmen von der Mietpreisbremse bei umfassender Modernisierung
Nachdem das Bundesverfassungsgericht den sogenannten Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt hat, ist nun für die Bestimmung der gesetzlich zulässigen Miete in Berlin wieder auf die sogenannte Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB) zurückzugreifen. Die Mietpreisbremse ist nach den Regelungen des BGB nur in solchen Regionen anzuwenden, in denen der örtliche Gesetzgeber die Anwendung für einen begrenzten Zeitraum wegen der Feststellung eines angespannten Mietwohnungsmarktes angeordnet hat.
Ursprünglich hatte das Land Berlin im Jahr 2015 durch Verordnung festgestellt, dass ein angespannter Wohnungsmarkt herrsche und daher die §§ 556d ff. BGB anzuwenden seien. Diese Feststellung ist für 5 Jahre zulässig und lief daher im Jahr 2020 aus. Kurz vor Auslaufen des 5-Jahres-Zeitraums hatte die Berliner Landesregierung (obwohl der Mietendeckel damals noch nicht für verfassungswidrig erklärt war!) die Geltung der Mietpreisbremse vorausschauend um 5 Jahre verlängert.
Die Grundregel der Mietpreisbremse besteht darin, dass die zulässige Wohnraummiete die übliche Miete (welche in der Regel nach dem Mietspiegel festgestellt wird) höchstens um 10 % überschreiten darf. Nach § 556f BGB sind aber auch die Regelungen der Mietpreisbremse für eine Wohnung dann nicht anzuwenden, wenn sie „umfassend modernisiert“ wurde. Um die Definition dieses Begriffs lässt sich leider treffend streiten. Mit Urteil vom 11.11.2020 – VIII ZR 369/18 – konkretisierte der BGH nun die Kriterien einer umfassenden Modernisierung auch für die Rechtsprechung und damit für die zuständigen Gerichte in Mietangelegenheiten.
Unter Hinzuziehung der Materialien der ursprünglichen Gesetzesbegründung führt der BGH aus, dass eine umfassende Sanierung vorliegt, wenn die Maßnahmen sowohl einen erheblichen finanziellen Aufwand erfordern, als auch einen Umfang ausmachen, der einem Neubau gleichkäme. Der BGH betont, dass der finanzielle Aufwand für Instandsetzung oder -haltung hierbei herausgerechnet werden muss. Der BGH nimmt mit Zitat auf die Gesetzesbegründung (BT Drucksache 18/3121) Bezug auf § 16 Abs. 1 Nr. 4 Wohnungsförderungsgesetz und dessen Vorgängervorschriften §§ 16 und 17 des 2. Wohnungsbaugesetzes und die hierzu entwickelten Grundsätze der Verwaltungsrechtsprechung (die für die Wohnungsförderung und Wohnungsbindung ergangen war). Danach ist ein Bauaufwand im Hinblick auf den finanziellen Aufwand als wesentlich anzusehen, wenn er (mindestens) 1/3 des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands – ohne Grundstücksanteil – erreicht (so auch BVerwGE 38, S. 286, 289). Da die Neubaukosten von Region zu Region stark differieren können, sei auf aktuelle Zahlen, zum Beispiel statistische Erhebungen des Bauhandwerks der jeweiligen Region oder einer vergleichbaren Region, abzustellen.
Profitipp:
Auseinandersetzungen eines Vermieters mit einem Mieter wegen behaupteten Verstoßes gegen die Mietpreisbremse sind für einen Vermieter in der Regel schwer zu führen, da ihn die Beweislast für in Anspruch genommene Ausnahmetatbestände trifft. Bedauerlicherweise wird bei einer umfassenden Modernisierung oftmals das Herausrechnen eines Instandsetzungsanteils vergessen, gegebenenfalls auch unter taktischen Gesichtspunkten. Bei der Neuvermietung sollte stets eine Kontrollrechnung nach Mietenspiegel und Mietpreisbremse erfolgen, um die Rechtssicherheit der Miethöhe einschätzen zu können. Wird die Wohnung im Mietenspiegel nicht zutreffend dargestellt, sollte ein Mietgutachten eingeholt werden. Gegebenenfalls ist die Möglichkeit einer umfassenden Modernisierung nach vorstehenden Grundsätzen in Erwägung zu ziehen.
Ulrich Joerss
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