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Mietpreisbremse und Staffelmiete

Mietpreisbremse Staffelmiete

I. Ausgangslage

Nach den Vorgaben des Gesetzgebers darf – von gesetzlich normierten Ausnahmefällen abgesehen – in Gebieten, in denen die „Mietpreisbremse“ gilt, bei Neuabschluss eines Mietvertrages nur eine Miete vereinbart werden, die die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 % übersteigt.

Für die Vereinbarung einer Staffelmiete ist zudem bei Eintritt einer jeden Staffel-Erhöhung vorgegeben, dass die Erhöhung die zum Zeitpunkt der Erhöhung ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10 % überschritten werden darf. Rügt der Mieter eine entsprechende Überhöhung, kann die Miete aufgrund der Staffelregelung um max. 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete geltend gemacht werden. Nach einer Entscheidung des Landgerichts Berlin muss der Mieter die Verletzung der Miethöhe nur einmal rügen. Diese Rüge soll dann auch jede weitere Staffelerhöhung erfassen. Maßgeblich für die Feststellung der zulässigen Miethöhe ist die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt der Staffelerhöhung, die dann jeweils um maximal 10% überschritten werden darf. § 557a Abs. 4 BGB regelt:

„Die §§ 556d bis 556g sind auf jede Mietstaffel anzuwenden. Maßgeblich für die Berechnung der nach § 556d Absatz 1 zulässigen Höhe der zweiten und aller weiteren Mietstaffeln ist statt des Beginns des Mietverhältnisses der Zeitpunkt, zu dem die erste Miete der jeweiligen Mietstaffel fällig wird. Die in einer vorangegangenen Mietstaffel wirksam begründete Miethöhe bleibt erhalten.“

Aus dem letzten Satz folgt, dass auch bei einer sinkenden ortsüblichen Vergleichsmiete die einmal ohne Verstoß gegen die preisrechtliche Vorschriften eingetretene Mieterhöhung Schutz genießt und die Miete nicht mehr abgesenkt werden muss, wenn bei Eintritt der nächsten Staffel die bisherige Miete wegen der gesunkenen ortsüblichen Vergleichsmiete mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt.

II. Anwendung auf Altverträge

Dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung in § 557a Abs. 4 BGB nach könnte man annehmen, dass eine Begrenzung der Miethöhe aufgrund einer Staffelregelung für jeden Mietvertrag gilt, unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem dieser abgeschlossen wurde.

Grundsätzlich ist zu empfehlen, bei Mietverträgen, die vor Einführung einer gesetzlichen Änderung abgeschlossen wurden, zu überprüfen, ob eine gesetzliche Änderung für den bereits abgeschlossenen Mietvertrag anzuwenden ist. Dies gilt auch für die Einführung der Mietpreisbremse. Übergangsregelungen zu Änderungen des BGB finden sich im Einführungsgesetz zum BGB kurz EGBGB.

Zur Einführung der Mietpreisbremse durch das Mietrechtsverbesserungsgesetz vom 21. April 2015 findet sich die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 35 EGBGB. Die Vorschrift lautet:

„(1) Die §§ 556d bis 556g, 557a Absatz 4 und § 557b Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nicht anzuwenden auf Mietverträge und Staffelmietvereinbarungen über Wohnraum, die abgeschlossen worden sind, bevor die vertragsgegenständliche Mietwohnung in den Anwendungsbereich einer Rechtsverordnung nach § 556d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs fällt.
(2) § 557a Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht mehr anzuwenden auf Mietstaffeln, deren erste Miete zu einem Zeitpunkt fällig wird, in dem die vertragsgegenständliche Mietwohnung nicht mehr in den Anwendungsbereich einer Rechtsverordnung nach § 556d Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs fällt.“

Aus Art. 229 § 35 Abs. 1 EGBGB ergibt sich, dass die gesamten Regelungen zur Mietpreisbremse – auch im Zusammenhang mit einer Staffel-Vereinbarung – nicht anzuwenden sind, wenn der Mietvertrag abgeschlossen wurde, bevor durch Landesverordnung die Regelungen zur Mietpreisbremse für das Gebiet, in der sich die Wohnung befindet, für anwendbar erklärt wurde. Sie sind nach Abs. 2 der Regelung nicht anzuwenden auf jede Staffel-Erhöhung, die nach Außerkrafttreten einer Mietenbegrenzungsverordnung des Landes eintritt. Aus Abs. 2 ergibt sich ein erheblicher Vorteil aus der Vereinbarung einer Mietstaffel. Selbst wenn zunächst die Staffelvereinbarung keine Auswirkungen zeitigt, tritt bei Außerkrafttreten der Rechtsverordnung (Mietpreisbegrenzungsverordnung) die volle Mieterhöhung aus der hierauf folgenden Staffel-Erhöhung ein.

In Berlin wurde erstmals durch die am 1. Juni 2015 in Kraft gesetzte Mietenbegrenzungsverordnung bestimmt, dass für das gesamte Stadtgebiet die Regelungen zur Mietpreisbremse anzuwenden sind. Es ist zwar umstritten, ob diese Mietenbegrenzungsverordnung wirksam ist, da die Begründung zu der Verordnung nur auf der Webpräsenz des Abgeordnetenhauses veröffentlicht wurde. Der Bundesgerichtshof hat allerdings bereits in mehreren Entscheidungen die Verordnung für wirksam erachtet. Für Mietverträge, die ab dem 1. Juni 2020 abgeschlossen wurden, stellt sich diese Problematik nicht mehr, da zur Mietenbegrenzungsverordnung vom 19. Mai 2020 die Begründung ordnungsgemäß veröffentlicht wurde.

Mithin ist jedenfalls bei Mietverträgen, die vor dem 1. Juni 2015 abgeschlossen wurden die Mietpreisbremse nicht anwendbar. Sie ist auch dann nicht anwendbar, wenn in einem solchen Mietvertrag eine Staffelregelung enthalten ist. Dies gilt auch, wenn Mieterhöhungen nach der Staffel-Vereinbarung nach dem 1. Juni 2015 eintreten.

Dies bedeutet, dass Sie auf eine Rüge eines Mieters gegen eine Staffelmieterhöhung – auch soweit sie nach dem 1. Juni 2015 eintritt – keine Mietänderung vornehmen müssen, wenn der Mietvertrag vor dem 1. Juni 2015 abgeschlossen wurde. Sie können in solchem Fall dem Mieter in etwa Folgendes mitteilen:

„Ich nehme Bezug auf Ihre Rüge der Miethöhe. Diese ist unbegründet. Die Vorschriften zur Mietpreisbremse (§§ 556d ff. und § 557a Abs. 4 BGB) sind auf den vorliegenden Mietvertrag, der vor dem 1. Juni 2015 abgeschlossen wurde, nicht anwendbar, Art. 229 § 35 Abs. 1 EGBGB. Eine Änderung der Miete oder eine Aussetzung der Staffel wird daher nicht erfolgen.“

Ihre Mietverträge sollten Sie darauf überprüft, wann sie abgeschlossen wurden. Bei Mietverträgen, die vor dem 1. Juni 2015 begründet wurden, sollte – soweit nicht erfolgt – die aus Staffelvereinbarungen resultierende Miethöhe gefordert und – bis zur Verjährungsgrenze – nachgefordert werden.

 

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III. Verträge am dem 1. Juni 2015 mit Staffelvereinbarung

Wie dargestellt, findet die Mietpreisbremse in Berlin auf Verträge, die seit dem 1. Juni 2015 abgeschlossen wurden, Anwendung. Die Besonderheit bei einer Staffel-Vereinbarung besteht darin, dass eine Überschreitung der zulässigen Miete immer nur für den Zeitraum bis zur nächsten Staffel-Erhöhung festgestellt werden kann. Hieraus ergeben sich Besonderheiten:

1) Reaktion auf Mietpreis-Rüge

Für gewöhnlich werden Sie von Mietervertretern – insbesondere einem Inkasso-
unternehmen – pauschal aufgefordert, eine Erklärung abzugeben, wonach die Miete herabgesetzt wird.

Alternativ wird angeboten, im Rahmen einer herbeizuführenden gütlichen Lösung eine entsprechende einvernehmliche Regelung mit unter anderem dem Inhalt einer Mietreduzierung abzuschließen.

Anspruch auf Abgabe einer Erklärung zur Herabsetzung der Miete kann bei Vereinbarung einer Staffel-Vereinbarung auf Basis der bei Mietvertragsschluss geltenden ortsüblichen Vergleichsmiete aber nur bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der nächsten Staffel bestehen. Nach § 557 Abs. 4 BGB ist die jeweils zum Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Staffel festzustellende ortsübliche Vergleichsmiete maßgeblich.

Dementsprechend wäre – wenn tatsächlich eine Mietpreisüberhöhung festzustellen ist – die Erklärung zur Mietsenkung nur zeitlich begrenzt abzugeben. Sie können hierzu wie folgt formulieren:

„Auf Ihr Schreiben zur Rüge der Mietpreisüberhöhung erkläre ich (namens und in Vollmacht des Vermieters), dass ab dem Zeitpunkt des Zugangs Ihres Schreibens am … die Nettokaltmiete auf … € herabgesetzt ist bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der mietvertraglich vereinbarten nächsten Staffel-Erhöhung am …“

Beachten Sie bitte, dass im Falle, dass sich zum Zeitpunkt des Rügeschreibens bereits feststellen lässt, wie hoch die zulässige Miete zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der nächsten Staffel-Erhöhung sein wird, Sie verpflichtet sein dürften, auch die Herabsetzung der Miete nach Inkrafttreten der Staffel zu erklären, soweit nach Inkrafttreten der Staffel eine Mietpreisüberhöhung festzustellen ist. Sie sollten daher – zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit absehbaren Kostennachteilen für die Vermieterseite – in diesem Falle die obige Erklärung um folgenden Passus ergänzen:

„Ab dem Inkrafttreten der nächsten Staffel-Erhöhung am … erkläre ich (namens und in Vollmacht des Vermieters) die Herabsetzung der Nettokaltmiete auf … €. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der nächsten Staffel am … bestimmt sich die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem Mietspiegel … für Berlin und beträgt … € pro Quadratmeter, so dass die zulässige Miete nach der Staffel-Mieterhöhung 10 % über diesem Betrag und damit … € pro Quadratmeter beträgt. Die Spannen-Einordnung in das Mietspiegelfeld … erfolgt wie nachstehend ausgeführt …“

2) Hinweis auf Unwirksamkeit des Mietspiegel 2021 für Berlin

Das Amtsgericht Spandau hat mit Urteil vom 10. Januar 2022 (6 C 395/21) entschieden, dass der Berliner Mietspiegel 2021 unwirksam ist. Das Amtsgericht führt hierbei zunächst aus, dass der Mietspiegel 2021 kein qualifizierter Mietspiegel (§ 558d BGB) ist, weil ein qualifizierter Mietspiegel im Abstand von 2 Jahren der Marktentwicklung angepasst werden muss. Das Amtsgericht geht weiter davon aus, dass der Mietspiegel 2021 auch kein einfacher Mietspiegel im Sinne des § 558c BGB ist. Nach § 558 Abs. 2 BGB muss ein einfacher Mietspiegel die üblichen Entgelte, die für vergleichbare Wohnungen in den letzten 6 Jahren vereinbart oder geändert worden sind, ausweisen. Der Mietspiegel 2021 bezieht sich aber nur auf einen Betrachtungszeitraum von 4 Jahren, da er auf den fortgeschriebenen Mietspiegel 2019 verweist, der noch der Betrachtungszeitraum von 4 Jahren zugrunde legte. Auch insoweit hilft nach der Ansicht des Amtsgerichts Spandau die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 50 EGBGB dem Mietspiegel 2021 nicht zur Wirksamkeit als einfacher Mietspiegel, da diese schon dem Wortlaut nach und erst recht nach der Gesetzesbegründung die Fortschreibung eines bereits fortgeschriebenen Mietspiegels nicht zulässt.

Für eine Rüge der überhöhten Miete bei Vereinbarung einer Staffel lässt sich daher die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt der nächsten Staffelerhöhung nicht feststellen, wenn sich das jeweils entscheidende Gericht der Auffassung des Amtsgerichts Spandau anschließt. Der Mietspiegel 2021 ist dann unwirksam. Der Mietspiegel 2019 gibt die ortsübliche Vergleichsmiete im Jahr 2021 nicht zutreffend wieder. Eine Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Jahr 2022 lässt sich hiermit aber nicht darlegen und begründen.

Für die Zeit bis zur Veröffentlichung eines neuen Mietspiegels für Berlin sollten Sie daher den vorstehenden 2. Passus nicht verwenden und stattdessen formulieren:

„Die Erklärung einer Absenkung der Nettokaltmiete ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der nächsten Staffelerhöhung am … erfolgt nicht. Die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu diesem Zeitpunkt lässt sich mit dem Mietspiegel 2021, der unwirksam ist (Amtsgericht Spandau, Urteil vom
10. Januar 2022 – 6 C 395/21) nicht begründen. Darlegungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete sind durch Sie auch nicht anderweitig erfolgt.“

Entsprechend sind auch Rügen der Verletzung der zulässigen Erstmiete zurückzuweisen, soweit diese sich auf Mietverträge beziehen, die ab dem 1. September 2020 (dem Stichtag für den Mietspiegel 2021) in Lauf gesetzt worden sind. Auch insoweit wird sich die ortsübliche Vergleichsmiete mangels wirksamen Mietspiegels 2021 nicht durch die Mieterseite darlegen und begründen lassen.

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Sebastian Wörner
Rechtsanwalt

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Tel.: 030 / 53 21 33 30
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