Notaranderkonto nur bei Sicherungsinteresse der Parteien 1

Notaranderkonto nur bei Sicherungsinteresse der Parteien

Bei der turnusgemäß stattfindenden Überprüfung eines Notars rügte das prüfende Landgericht, dass in mehreren Fällen Notaranderkonten verwendet wurden, ohne dass ein ausreichendes Sicherungsinteresse festgestellt werden konnte, das die Verwendung eines Notaranderkontos erlaube. Es wurde eine Disziplinarverfügung und die Zahlung einer Geldbuße gegen den Notar angeordnet.

Gemäß § 57 Abs. 1 und 2 BeurkG darf ein Notar Gelder nur auf einem Anderkonto entgegennehmen, wenn ein berechtigtes Sicherungsinteresse besteht und eine schriftliche, vom Notar bestätigte Verwahrungsanweisung vorliegt. (Diese Regelung wird meistens in den Kaufvertrag selbst integriert.) Vorliegend waren mehrfach erhebliche Anzahlungen eines Käufers auf ein Anderkonto erfolgt, was der Absicherung des Kaufvertrags dienen solle. Bei fehlender Zahlung des Restkaufpreises sollte diese Anzahlung als pauschaler Schadensersatz an den Verkäufer ausgezahlt werden. Der Notar erachtete dies als ausreichende Voraussetzung für zusichernde Interessen des Verkäufers.

In seiner Entscheidung vom 16.11.2020 – NotSt 2/19 – führte der BGH hierzu aus, dass eine formularmäßige, beziehungsweise regelmäßige Abwicklung von üblichen Kaufverträgen unter Verwendung von Anderkonten gesetzlich nicht vorgesehen sei. Sofern auf einem Anderkonto hinterlegte Gelder der Absicherung von besonderen Folgeansprüchen der Parteien dienen, wie es hier der Fall sei, unterläge es dem Beurteilungsspielraum des Notars, ob ein ausreichendes Sicherungsinteresse vorläge. Im konkreten Fall war die Verwendung von Anderkonten daher zulässig.

IVD BB Banner Lehrgangsangebote

Profitipp:
Die Zahlung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto beim Immobilienerwerb auf Wunsch der Beteiligten und ohne besonderen Sicherungsgrund ist unzulässig. Typische Fälle für die zulässige Verwendung eines Anderkontos hingegen sind der Erwerb einer Immobilie aus der Zwangsversteigerung (durch Rücknahme des Versteigerungsantrags durch die Versteigerungsgläubiger und Zustimmung zum beurkundeten Verkauf), eine vorzeitige Übergabe des Besitzes nach Hinterlegung des Kaufpreises (bevor Löschungsbewilligungen, Negativzeugnisse oder Grundbucheintragungen erfolgt sind) oder die Absicherung von möglichen Zahlungsansprüchen des Verkäufers gegenüber dem Käufer, die auch aus einer möglicherweise eintretenden Rückabwicklung des Vertrages resultieren können (wie vom BGH entschieden, s.o.).

 

RA und Notar Ulrich Joerss - https://www.joerss.com

Ulrich Joerss
Rechtsanwalt und Notar

Rankestraße 26, 10789 Berlin
Tel.:030 / 88 00 1404
Mail: info@JOERSS.com
Web: www.JOERSS.com

 

Bildnachweis: djedzura-Depositphotos