Recht: Grundlagen der Kaufvertragsvorbereitung durch Immobilienmakler

Recht: Grundlagen der Kaufvertragsvorbereitung durch Immobilienmakler

In Zeiten der Diskussionen um die Berechtigung der Maklerleistung kommt der sorgfältigen Kaufvertragsvorbereitung und Begleitung der Immobilientransaktion durch Makler eine besondere Bedeutung zu. Rechtsanwalt Ulrich Joerss weiht Sie in seinem Gastbeitrag in alle Details ein.

 

Warum eigentlich ein Makler?

Durch die Maklerleistung sollten Überraschungen vor, während und nach Verkauf der Immobilie ausgeschlossen werden. Dies setzt die sorgfältige Analyse des Verkaufsobjekts ebenso voraus wie die Hinweise des Maklers beim Vermitteln der Eckwerte des Kaufvertrags.

 

Objektanalyse als Grundlage der Vertragsgestaltung

Immobilienmakler sind nach geltender Rechtsprechung nicht verpflichtet, den Kaufgegenstand zu untersuchen. Die rechtliche Verpflichtung zur Dokumentation der Immobilie und Information des Käufers ergibt sich alleine aus § 10 MaBV und betrifft nur rudimentäre Daten, wie Lage, Größe und Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks, Art, Alter und Zustand des Gebäudes, Ausstattung, Wohn- und Nutzfläche, Zahl der Zimmer, Höhe der Kaufpreisforderung einschließlich zu übernehmender Belastungen, Name, Vorname und Anschrift des Veräußerers. Die geltende Rechtsprechung ergänzt, dass ein Immobilienmakler ihm bekannte ungünstige Information über die Immobilie mitteilen muss. Behält er seinen Wissensvorsprung für sich, verwirkt er die Provision, § 654 BGB. Erteilt der Verkäufer keinen Alleinauftrag, wird die Motivation des Maklers zu umfassender Analyse aber verständlicherweise gering ausfallen. Gleichwohl diente die sorgfältige Aufbereitung des Verkaufsobjekts nicht nur dem Empfehlungsmanagement, sondern entspricht auch dem Erwartungshorizont der Kunden.

 

[box type=”bio”] Über den Autor: Es gibt nur sehr wenige Verbandsmitglieder im IVD Berlin-Brandenburg, die noch keine Lehrstunde im Maklerrecht bei Ulrich Joerss genießen durften. Viele haben bei ihm die ersten Schritte in die Branche erlernt. Seit bald 20 Jahren lehrt Ulrich Joerss für die Europäische Immobilienakademie am Standort Berlin Maklerrecht. Unser zweiter bester Mann wurde 1996 zum Rechtsanwalt zugelassen und ist seit 1999 beratender Rechtsanwalt des VDM – später IVD. Seitdem durfte er zahlreiche Mitglieder vor Gericht vertreten und zahlreiche Provisionen erstreiten. 2004 erscheint das Fachbuch „Maklerverträge“ unter seiner Autorenschaft. Auch Ulrich Joerss ist laufend im Seminarbetrieb des IVD Bildungsinstituts eingesetzt. Neben dem Maklerrecht besetzt er hier für die Kolleginnen und Kollegen wichtige Themen, die sich aus aktuellen Gesetzesnovellen und Verordnungen ergeben, wie z.B. das Geldwäschegesetz oder auch mietrechtliche oder
wettbewerbsrechtliche Fragen.[/box]

 

Grundbuchvollmacht

Zur Ermittlung der rechtlichen Verhältnisse ist eine aktuelle Grundbucheinsicht unerlässlich. Erfolgt die Grundbucheinsicht beim Grundbuchamt vor Ort, ist dies mit Gebühren von nur 10,00 € verbunden, bei der Abfrage des Grundbuchs über einen Notar mit Kosten von ca. 20,00 €. Voraussetzung ist, dass der Eigentümer dem Makler Vollmacht zur Grundbucheinsicht erteilt hat. Die Bevollmächtigung zur Einsicht des Grundbuchs und besser auch anderer Behördlicher Unterlagen kann im Alleinauftrag enthalten sein. Wird kein Alleinauftrag erteilt, kann sie auch für einzeln erteilt werden. Dieser Zeitpunkt kann auch genutzt werden, um die Bereitschaft des Eigentümers zu hinterfragen, eine Verkäuferprovision anteilig oder anstelle der Käuferprovision zu vereinbaren.

 

Deckblatt des Grundbuchauszugs: Voll- oder nur Wohnungseigentum?

Bereits an der Aufschrift des Grundbuchblattauszugs ist zu erkennen ob es sich um Voll-, Wohnungs-, Teileigentum oder ein Erbbaurecht handelt. Dementsprechend lautet die Aufschrift auf „Grundbuch“, „Wohnungsgrundbuch“, „Teileigentumsgrundbuch“, oder „Erbbaurechtsgrundbuch“. Gerade bei Einfamilienhäusern auf Grundstücken, die für eine Realteilung nicht ausreichen, liegt teilweise unerkanntes Wohnungseigentum vor, verbunden mit dessen Beschränkungen für die Außengestaltung, Nutzung von Gemeinschaftsflächen etc. Oftmals wird auch bei der Grundbucheinsicht erst deutlich, dass eine jahrelang geduldete Wohnnutzung der Ladeneinheit (Teileigentum) oder andersherum die gewerbliche Nutzung einer Wohneinheit vorliegt und nicht den rechtlichen Vorgaben entspricht. In solchen Fällen ist eine Genehmigung der Nutzungsabweichung zu prüfen, jedenfalls den Käufer hierauf hinzuweisen und gegebenenfalls die Gewährleistung entsprechend auszuschließen. Verkauft ein Immobilienmakler das Einfamilienhaus als Volleigentum, obwohl Wohnungseigentum besteht, hat er im Übrigen auch keinen Provisionsanspruch. Nach dem Deckblatt folgen die Abschnitte des Grundbuchs Bestandsverzeichnis, Abteilung I, Abteilung II und Abteilung III.

 

Bestandsverzeichnis: Welcher Grundstücksbestand liegt vor?
Verwalterzustimmung bei WEG?

Im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts ist zu prüfen, aus welchen Flurstücken sich die zu veräußernde Immobilie zusammensetzt. Manchmal sind in der Vergangenheit bereits einzelne Flächen abverkauft worden, was dem Verkäufer in dieser Deutlichkeit nicht bewusst ist. Auch gehen Eigentümergemeinschaften manchmal unzutreffend davon aus, dass sie unter sich bereits Teilflächen gebildet hätten, was aber erst bei entsprechender Umschreibung im Grundbuch der Fall ist. Beim Verkauf von Wohnungseigentum/ Teileigentum ist das Bestandsverzeichnis die entscheidende Quelle ob eine Veräußerungszustimmung durch den Verwalter erforderlich ist. Auch die Zuordnung von Kellern, Stellplätzen oder anderen Flächen zu einzelnen Wohneinheiten ist dauerhaft nur bei Eintragung im Bestandsverzeichnis gesichert.

 

Ein Plus des IVD BB

 

Abteilung I: Ist der Eigentümerbestand zutreffend?

In Abteilung I ist schnell zu erkennen, ob der Auftraggeber als Eigentümer die Immobilie selbst veräußern kann oder ob er den Grundbesitz eventuell über eine Gesellschaft hält. In anderen Fällen ist der Auftraggeber zwar als Erbe schon Eigentümer, die Erbfolge ist im Grundbuch aber noch nicht eingetragen. In solchen Fällen kann, sofern ein Erbschein erst noch beantragt werden muss, mit einer Verzögerung für Vertragsvollzug und Zahlung des Kaufpreises von etwa 3 Monaten gerechnet werden. Ist die Erbfolge schon eingetragen, aber für mehrere Erben, ist zwingend die Bereitschaft sämtlicher Miterben zum Verkauf herbeizuführen. Bei der Eintragung einer GbR als Eigentümer sollte unbedingt hinterfragt werden, welche GbR-Gesellschafter den aktuellen Gesellschafterbestand ausmachen. Ist ein Gesellschafter ausgeschieden, aber noch im Grundbuch eingetragen, verzögert dies den Kaufvertragsvollzug genauso wie eine nicht nachvollzogene Erbfolge, da die Bewilligungen ausgeschiedener Gesellschafter und auch die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung
eingeholt werden müssen.

 

Abteilung II: Dienstbarkeiten und andere Rechtsverhältnisse

Den größten Gestaltungsspielraum für (unerwünschte) Belastungen bietet die Abteilung II. Hierzu gehören Wegerechte, Wohnrechte, Rückübertragungsvormerkungen, Kalksteinabbaurechte etc. Während das Wohnrecht zur Löschung zu Lebzeiten der Zustimmung des Berechtigten bedarf, reicht ab seinem Versterben die Sterbeurkunde. Ist aber zusätzlich eine Rückauflassungsvormerkung für den Verstorbenen eingetragen, bedarf es in der Regel zusätzlich noch der Zustimmung des Erben. Im günstigsten Fall ist dies der Verkäufer
selbst, was aber durch geeignete Dokumente nachzuweisen ist. Für alle Dienstbarkeiten in Abteilung II gilt, dass deren Inhalt über die notarielle Urkunde festgestellt werden kann, auf deren Grundlage sie ehemals eingetragen wurden. Das rechtzeitige besorgen von Sterbeurkunde, Erbschein oder Bestellungsurkunde kann den späteren Ablauf der Transaktion erheblich beschleunigen. Ist in Abteilung II dagegen ein Sanierungsvermerk eingetragen, bedeutet dies, dass sowohl der Kaufvertrag als auch die Grundschuldbestellung zur Finanzierung der behördlichen Genehmigung bedürfen (im Übrigen auch Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr).

 

Abteilung III: Grundschulden und Hypotheken

Ob noch Grundschulden abzulösen sind, kann durch den Blick in Abteilung III festgestellt werden. Bestehen hier noch Grundschulden oder Hypotheken ist die Löschungsbewilligung des Gläubigers, zumeist bei der Bank einzuholen. Das erledigt beim späteren Kaufvertragsvollzug der Notar. Wird die Immobilie innerhalb der Laufzeit des Darlehens verkauft, können Auseinandersetzungen über die Vorfälligkeitsentschädigung die Erteilung der Löschungsbewilligung und damit die Kaufpreisfälligkeit verzögern. Dies sollte dem Verkäufer bewusst sein, da die Bank in der Regel keinen Zeitdruck hat. Die Konditionen für die Darlehensablösung sollten daher vom Verkäufer mit der Bank bereits vorher besprochen sein. Ist das Darlehn schon seit längerem getilgt und liegt dem Verkäufer die Löschungsbewilligung vor, ist dies nur ausreichend, wenn im Grundbuch „brieflose Grundschuld“ eingetragen ist. In anderen Fällen ist zusätzlich der Grundschuldbrief zur Löschung vorzulegen.
Ist der Grundschuldbrief verloren gegangen, muss ein Aufgebot bestellt werden, was 6 Monate in Anspruch nimmt und die Kaufpreisauszahlung um diese Dauer verzögern kann.

 

Tatsächliche Gegebenheiten und bestehende Verträge

Neben dem Grundbuch sollten die wesentlichen tatsächlichen Gegebenheiten und die für die Immobilie bestehenden Verträge, insbesondere Mietverträge geprüft werden. Kommen Altlasten oder Baulasten in Betracht, kann ein Auszug aus dem Altlastenkataster- bzw. Baulastenverzeichnis mit Vollmacht des Eigentümers eingeholt werden. Hierzu sollte der Verkäufer jedenfalls befragt werden. Zur Prüfung der Grundstücksgrenzen bietet sich eine online Abfrage des Katasteramts an. Dies bieten gegenwärtig fast alle
Bundesländer an, in Berlin über den FISBroker und in Brandenburg über den BBViewer.

 

RA und Notar Ulrich Joerss - https://www.joerss.comRA und Notar Ulrich Joerss - https://www.joerss.com


Hier schon Schluss? Dann Schlussatz:

Durch die aus den Recherchen gewonnenen Erkenntnisse können Verkaufshindernisse rechtzeitig beseitigt bzw. eine entsprechende Vertragsgestaltung zwischen Verkäufer und Käufer vermittelt werden. Am Ende der erfolgreichen Immobilientransaktion sollte der Ausspruch von Verkäufer und Käufer stehen „der Makler war sein Geld wert“.

 

Bildquelle: Adobe Stock, IVD, Ulrich Joerss