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Recht: Steuerauskünfte vom Makler – Haftung beachten

Einen Makler trifft grundsätzlich keine Pflicht, steuerrechtliche Fragen der Immobilientransaktion zu prüfen, auch nicht als vertragliche Nebenpflicht. Etwas anderen gilt nur, wenn eine Vereinbarung über Beratung in steuerlichen Aspekten getroffen sei. Dies ist der erste Leitsatz des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) im Urteil  I ZR 152/17.

 

Makler tritt als Steuer-Experte auf

Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn sich der Makler hinsichtlich bestimmter Steuerfragen als Fachmann aufführt. Dies kann beispielsweise darin gesehen werden, dass er in der Werbung mit langjähriger Tätigkeit und besonderer Erfahrung wirbt und er seinen erkennbar unerfahrenen Auftraggeber zu einem steuerlich riskanten Vorgehen veranlasst, das beispielsweise in einem überstürzten Vertragsabschluss liegen kann. In einer solchen Situation ist der Makler gehalten, auf mögliche steuerrechtliche Nachteile hinzuweisen, deren Eintritt er vermuten muss, wie in Einzelfällen das Unterschreiten der steuerrechtlichen 10-Jahresgrenze für die „Spekulationssteuer“ nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

 

Fall: Erwerb 2004, Verkauf 2013

Im betroffenen Fall wurde ein Makler beauftragt, eine Anfang 2004 erworbene Immobilie mit Makleralleinauftrag vom 15. Mai 2013 in den Vertrieb zu nehmen. Der Makler konnte der Verkäuferin schnell mitteilen, dass er zahlreiche Interessenten in seiner Datei ermittelt habe und empfahl der Verkäuferin, bald zu veräußern, um ein Abspringen der Interessenten zu vermeiden. Am 14. Juni 2013 schloss die Eigentümerin mit einem Interessenten eine Ankaufsvereinbarung, welche auch der Makler mitunterzeichnete. Der Verkauf wurde am 8. Juli 2013 bei einem Kaufpreis von 295.000,00 € beurkundet. Die Immobilie war ehemals für 170.000,00 € angekauft worden. Das Finanzamt setzte eine Steuernachzahlung für 2013 in Höhe von 47.800,00 € fest. Auf diesen Steuerbescheid hin machte die Verkäuferin beim Makler Schadensersatzansprüche geltend. Er hätte ihr einen Hinweis geben müssen, dass die Steuerfreiheit der Veräußerung erst im Folgejahr gegeben sei. Dies sei ihm erkennbar gewesen, da ihm bei Beauftragung der Grundbuchauszug übergeben worden sei.

 

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Grundbuchkenntnis begründet keine Haftung

Die Klage und die Berufung wurden abgewiesen. Auch der BGH erkannte in der Revision keine Haftung des betroffenen Maklers. Der BGH führt aus, dass den Makler keine Verpflichtung zur Beratung in steuerlichen Dingen treffe. Eine Beratung in steuerlichen Dingen bestehe auch nicht als Nebenpflicht zum Maklervertrag. Etwas anderes gilt nur, wenn es ausdrücklich im Maklerauftrag vereinbart ist oder sich der Makler auch in Steuerfragen als Fachmann darstellt. Im entschiedenen Fall bestand keine Haftung des Maklers, da er nicht den Eindruck erweckt hatte, in steuerrechtlichen Fragen über besondere Fachkunde oder Erfahrung zu verfügen. In seiner vom Gericht untersuchten Werbung befanden sich überwiegend allgemeine Werbeanpreisungen, die keine über die durchschnittlichen Fachkenntnisse hinaus gehenden Fähigkeiten darstellten.

Weiter geht der BGH nicht davon aus, dass der Makler die nicht abgelaufene Spekulationsfrist anhand des Grundbuchauszugs habe erkennen müssen. Im Grundbuchauszug ist nämlich alleine die Eigentumsumschreibung vermerkt. Nicht eingetragen ist aber, aufgrund welchen Vertrags oder Rechtsvorgangs und gegebenenfalls zu welchem Preis der Eigentümer die Immobilie erworben habe.

 

Hinweispflicht

Nebenbei stellt der BGH in der zitierten Entscheidung fest, dass ein Makler dem Auftraggeber die Inanspruchnahme fachmännischer Beratung empfehlen muss, wenn für ihn erkennbar wird, dass bestimmte vertragsrelevante Umstände durch einen Fachmann geklärt werden müssen.

 

Selbständiger Auskunftsvertrag

Erteilt ein Immobilienmakler ohne hierzu verpflichtet zu sein, Auskünfte und gibt er Rat in steuerlichen Dingen, um den Käufer vom Erwerb zu überzeugen, haftet er hierfür. Der Bundesgerichtshof geht in diesen Fällen von einem selbstständigen Auskunftsvertrag aus, für den der Makler bei Unrichtigkeit der Auskünfte haftet – V ZR 18/04, S. 8.

 

Zusammenfassung:

  • Makler haften nicht für steuerrechtliche Umstände der Immobilientransaktion.
  • Erteilen Makler gleichwohl steuerliche Auskünfte, haften sie für diese freiwillig erbrachte Leistung.
  • Anfang und Ende der steuerlichen 10-Jahresfrist muss ein Makler dem Grundbuchauszug nicht entnehmen.
  • Bei sich aufdrängenden Komplikationen muss ein Immobilienmakler die Inanspruchnahme fachmännischer Beratung empfehlen.

 

Bewertung:

Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist als maklerfreundlich zu werten. Obwohl sich anhand des Grundbuchauszugs nach meiner Auffassung aufdrängte, dass die Spekulationsfrist nicht abgelaufen ist, erkannte der BGH keine Haftung des Immobilienmaklers, der mit langjähriger Tätigkeit warb. In vergleichbaren Fällen empfiehlt es sich, dem Eigentümer anzuraten, sich wegen der Spekulationsfrist beraten zu lassen (zum Beispiel durch einen Steuerberater) und diesen Hinweis zu dokumentieren.

 

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