Recht: Ansprüche wegen eigenmächtiger Veränderung des Gemeinschaftseigentums
Im heutigen Artikel aus der Rubrik Recht geht es um die eigenmächtige Veränderung des Gemeinschaftseigentums und einer eventuellen Verjährung von Ansprüchen.
Ob Wohneigentumsrecht oder andere juristische Bereiche – Rechtsanwalt und Notar Ulrich Joerss kommentiert und erläutert regelmäßig aktuelle Urteile für Sie.
Zuständigkeit bei eigenmächtiger Veränderung des Gemeinschaftseigentums
Verändert ein Sondereigentümer in einer Wohnanlage eigenmächtig das Gemeinschaftseigentum oder stört er die Nutzung des Gemeinschaftseigentums durch die übrigen Eigentümer, kann von ihm Rückbau oder Unterlassung verlangt werden, §§ 1004 Abs. 1, 903 BGB.
Diese Ansprüche kann zunächst jeder Miteigentümer selbst geltend machen. Erst wenn die Eigentümergemeinschaft beschlossen hat, dass gegen den „störenden“ Miteigentümer durch die Gemeinschaft vorgegangen werden soll, erlischt die geborene Zuständigkeit der einzelnen Sondereigentümer.
Durch einen solchen Beschluss zieht die Eigentümergemeinschaft die Zuständigkeit an sich, es kommt zur gekorenen Zuständigkeit der Gemeinschaft.
Nach Verjährung keine Rückbaupflicht mehr, sondern Duldung
Ansprüche gegen den störenden Eigentümer, gerichtet auf Rückbau, verjähren üblicherweise nach 3 Jahren (ab Kenntnis der Umstände der Veränderung). Nach dieser Verjährungsfrist kann keine Beseitigung z.B. des Umbaus durch den störenden Eigentümer selbst mehr verlangt werden.
Die rechtswidrigen Veränderungen müssen gleichwohl nicht hingenommen werden. Sie bleiben unzulässig. Die Eigentümergemeinschaft muss die beeinträchtigenden Veränderungen nun selbst zurückbauen oder beseitigen.
Im hierzu aktuell veröffentlichten Urteilt stellt der Bundesgerichtshof (BGH) fest, dass die Eigentümergemeinschaft die Beseitigung im Bereich des Gemeinschaftseigentums selbst vornehmen darf, ohne den verändernden Eigentümer auf Duldung des Rückbaus verklagen zu müssen. Es müsse nur gegebenenfalls eine Ankündigungsfrist eingehalten werden.
Bei begründeten Unsicherheiten könne auf Feststellung durch das Gericht geklagt werden, dass die Eigentümergemeinschaft zum Rückbau berechtigt sei; BGH, Urteil 05.07.2019 – V ZR 149/18. Diese Ansprüche stünden aber ausschließlich der Eigentümergemeinschaft zu und nicht den einzelnen Sondereigentümern.
Hier unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen bei unverjährten Beseitigungsansprüchen. Zur Veränderung des Gemeinschaftseigentums (Rückbau) sei nämlich alleine die Gemeinschaft selbst zuständig, deshalb stünde auch ihr alleine die Klagebefugnis (für eine Feststellungsklage) zu. Die einzelnen Miteigentümer sind alleine nicht mehr berechtigt, egal ob mit oder ohne Beschluss der Gemeinschaft, den störenden Eigentümer zu verklagen.
Vorgehen durch den Verwalter
Bei Veränderungen des Gemeinschaftseigentums ist vom Verwalter sorgfältig zu prüfen, ob er das Verfolgen der Rückbauansprüche den einzelnen Eigentümern überlassen soll. Manchmal sind die genau genommen unzulässigen Veränderungen aber nur gering, ein Rückbau wäre unverhältnismäßig und die übrigen Eigentümer fühlen sich nicht gestört oder begrüßen die Veränderung sogar. In solchen Fällen ist eine Rechtsverfolgung durch die Eigentümergemeinschaft bzw. den Verwalter nicht angezeigt.
Um eine mögliche Haftung auszuschließen ist es aber zunächst erforderlich, dass der Verwalter den Sachverhalt untersucht, um festzustellen, welches Ausmaß die Veränderung bzw. die konkrete Störung hat. Auch sind mögliche Folgeschäden oder Einwirkungen auf die Nutzung anderer Einheiten festzustellen. Aber auch hierbei kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Situation im Nachhinein anders darstellt.
Zur Haftungsvermeidung sollte in der Eigentümerversammlung eine Abstimmung herbeigeführt werden, in welcher die Eigentümer festlegen, ob die Gemeinschaft gegen die Veränderung vorgeht, oder es den einzelnen Eigentümern überlassen bleibt, gegebenenfalls selbst die Rechtsverfolgung zu betreiben.
Ulrich Joerss
Rechtsanwalt und Notar
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