Recht: Vermieter und Mieter brauchen eine faire gesetzliche Regelung
Aus der aktuellen Lage rund um COVID-19 ergeben sich für Mieter und Vermieter verschiedene Fragen und Unsicherheiten. Hans-Joachim Beck, Leiter der Abteilung Steuern beim IVD Bundesverband, fasst für Sie zusammen und erklärt die großen Unterschiede zwischen den Regelungen für Mieter von Wohnungen und gewerblichen Mietern. Fakten statt Fake News von Ihrem Lieblingsverband!
Wohnung oder Unternehmen?
Wie in der Presse zu lesen ist, wollen einige Handelsketten ihre Mietzahlungen ab April einstellen. Viele Wohnungsmieter denken sich vielleicht, was die Großen können, kann ich auch, und überlegen, ob sie die Miete für April noch überweisen sollen.
Dabei übersehen sie, dass es einen großen Unterschied zwischen Wohnungsmietern und Unternehmen gibt, die im Einzelhandel, in der Gastronomie oder im Hotelgewerbe tätig sind. Denn bei diesen Unternehmen bedeutet die Corona-Krise, dass sie aufgrund behördlicher Auflagen die gemieteten Räume nicht zu dem vertraglich vereinbarten Zweck nutzen dürfen. Die Mieträume sind für sie wertlos.
Wohnungsmieter können ihre Wohnungen dagegen trotz der Corona-Krise uneingeschränkt weiter nutzen. Dass sie wegen der Corina-Krise vielleicht weniger verdienen, hat mit der Wohnung nichts zu tun.
Bei Wohnungen gilt das Abmilderungsgesetz
Für Wohnungen gilt lediglich die Regelung in dem Corona-Folgen-Abmilderungsgesetz, dass der Vermieter ihnen die Wohnung in den nächsten Monaten nicht kündigen darf, wenn sie aufgrund der Krise ihre Miete nicht zahlen können. Zur Zahlung bleiben sie jedoch weiter verpflichtet.
Wenn sie die Miete Ihrer Wohnung nicht zahlen können, können sie von dem Vermieter auf Zahlung verklagt werden und müssen die Miete später sogar mit Verzugszinsen nachzahlen. Wenn es ihnen nicht gelingt, den Vermieter glaubhaft zu machen, dass die Corona-Krise ist für die Einstellung der Mietzahlung ursächlich ist, weil sie keine Einnahmen mehr haben und auch nicht über Rücklagen verfügen, kann der Vermieter ihnen sogar jetzt kündigen.
Die Lage für Unternehmen
Für Unternehmen, die aufgrund der Corona-Krise die gemieteten Räume nicht nutzen dürfen, sieht die Lage dagegen anders aus. Da sie die gemieteten Räume nicht mehr zu dem vertraglich vereinbarten Zweck nutzen dürfen, können sie nach den allgemeinen Regeln des BGB die Miete möglicherweise mindern, weil der Mietgegenstand mangelhaft ist. Wahrscheinlich liegt auch eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB vor, weil man diese Situation bei Abschluss des Mietvertrages nicht vorhergesehen hat.
Im Ergebnis erscheint es jedenfalls problematisch, dass allein die Mieter das Risiko tragen sollen, ihre Räume nicht mehr zu dem vertraglichen Zweck nutzen zu dürfen. Die empörten Rufe einiger Politiker, sie würden ihre Sportschuhe in Zukunft bei einer anderen Firma kaufen wollen, sind daher vorschnell und populistisch. Auch wenn die großen Firmen früher viel Geld verdienet haben und man deshalb von ihnen Solidarität verlangen kann, muss man ihnen zugestehen, dass sie eine faire Verteilung der Lasten einfordern. Denn dazu sind die Geschäftsführer ihren Unternehmen gegenüber verpflichtet.
Wissen, dass man nichts weiß
Das Problem ist, dass die zivilrechtliche Lage völlig ungeklärt ist und es Jahre dauern kann bis der Bundesgerichtshof endgültig Klarheit geschaffen hat. So lange kann die Wirtschaft aber nicht warten. Denn wenn die Gewerbe ihre Mietzahlungen einstellen, können die Vermieter ihre Bankverbindlichkeiten nicht bedienen. Da für große Vermieter die gesetzlich angeordnete Stundung der Darlehensverbindlichkeit nicht gilt, würden sie über kurz oder lang in die Insolvenz gehen. Dies kann aber letztlich zu einer Bankenkrise führen.
Kettenreaktionen vermeiden!
Eine solche Kettenreaktion muss dringend vermieden werden. Daher ist der Gesetzgeber aufgerufen, nachzubessern. Der Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit im Corona-Folgen-Abmilderungsgesetz ist offensichtlich auf Wohnungsmieter gemünzt. Für Unternehmen, die ihre Geschäfte schließen müssen, sollte schnell eine gesetzliche Regelung gefunden werden, die allen Beteiligten, also sowohl den Mietern als auch den Vermietern und den Banken das Überleben ermöglicht.