Der Knoten muss platzen – wieso wir dringend eine Antwort für die Sanierungsfrage brauchen 1
Katarina Ivankovic, Geschäftsführerin IIB INSTITUT | Host of Lagebericht - der Immobilienpodcast

Der Knoten muss platzen – wieso wir dringend eine Antwort für die Sanierungsfrage brauchen

Vor wenigen Wochen war es endlich so weit: das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist verabschiedet worden. Zwar erfreut sich das Gesetz keiner großen Beliebtheit, jedoch stellt es für die Immobilienbranche einen längst überfälligen Schritt dar: Planungssicherheit.

Druck ohne Ventil – der Sanierungsdruck

Das Pariser Klimaabkommen, der European Green Deal, das Gebäudeenergiegesetz – die Gesetzgeber setzen ein klares Zeichen gegen den Klimawandel. Um das gemeinsame Ziel der maximalen durchschnittlichen Erderwärmung von 1,5 °C bis 2050 zu erreichen, müssen dringend umfangreiche Maßnahmen zur Reduktion des CO₂-Ausstoßes ergriffen werden. Die Immobilienwirtschaft steht hierbei besonders im Fokus. Die Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden gilt als eine der wichtigsten Ansätze zur Verringerung von Treibhausgasemissionen. Laut dem UNEP (United Nations Environment Programme) sind Gebäude weltweit für etwa ein Drittel der CO₂-Emissionen verantwortlich. Immobilien tragen zudem zu 40 Prozent des globalen Energieverbrauchs und 50 Prozent des Verbrauchs natürlicher Ressourcen bei.

Diesen Handlungsdruck bekommen auch Immobilieneigentümer zu spüren, allerdings konnte dieser bisher nicht in Handlungen umgesetzte werden – im Gegenteil, nach Zahlen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sanken die Anträge für Fördermittel für Wärmepumpen im ersten Quartal 2023 um fast 40 % im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr.

Dies spiegelt die Zögerlichkeit der Eigentümer: aus der Altersvorsorge Immobilie ist für viele nun eine Alterssorge geworden. Dies zeigt sich auch im Verhalten der Käufer, welche unsanierte Objekte meiden.

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Achtung, unsaniert!

Laut Zahlen des GdW müssen in Deutschland 45 % der Immobilien bis 2033 energetisch saniert werden. Dies entspricht einer jährlichen Sanierungsquote von fast 5 Prozent, einem unmöglich erscheinenden Ziel gegenüber den derzeitigen kaum 1 Prozent. 

Für Kaufinteressenten bildet sich hier eine gleich dreifach schwierige Lage:

  • Durch die höheren Zinsen ist das Budget geschrumpft. Umfangreiche Sanierungen sind dort häufig nicht mehr möglich.
  • Das Gebäudeenergiegesetz setzt eine Sanierungspflicht beim Eigentümerwechsel an. Bei ineffizienten Gebäuden muss demnach gehandelt werden.
  • Hohe Nebenkosten machen das „Warten“ teuer. Das Bewohnen ineffizienter Gebäude schlägt unmittelbar auf den Geldbeutel.

Diese drei Faktoren erklären, was zahlreiche Makler und Maklerinnen derzeit beobachten: unsanierte Objekte sind kaum zu vermitteln.

Dies hat jedoch noch einen zweiten Grund: Die „Preisnostalgie“ schlägt bei den Verkäufern alter bzw. unsanierter Objekte am stärksten zu. Ihre Immobilien haben vom Niedrigzins-Preisniveau die höchste Fallhöhe.

Sanierungsdruck schlägt sich auf die Preisentwicklung nieder

In der oben genannten Grafik wird klar, wieso Eigentümer unsanierter Objekte mit der neuen Marktsituation am stärksten zu kämpfen haben. Während die Übernachfrage der Niedrigzinsphase auch unsanierte Objekte im Preis auf Augenhöhe mit sanierten Immobilien brachte, ist dies zu den neuen Marktkonditionen nicht mehr gegeben. Die Preise unsanierter Objekte müssen vielerorts stark korrigiert werden, um für Käufer infrage zu kommen. Hierzu sind viele Verkäufer noch nicht bereit.

Digitale Erstberatung – der erste Schritt

In Anbetracht der derzeitigen Lage auf dem Neubaumarkt kann der unsanierte Bestand jedoch nicht einfach abgeschrieben werden. Die Hindernisse müssen beseitigt werden, um wieder höhere Transaktionszahlen zu ermöglichen. Das größte Hindernis stellt dabei die Sanierungsangst dar. Immobiliendeals, Sanierungskredite und Baufinanzierungen hängen allesamt daran fest.

Neben staatlichen Förderprogrammen benötigt es hier aber vor allem eines: Eigentümer und Käufer benötigen Hilfe zur Selbsthilfe. Die Ressourcen von Energieberatern sind bereits stark ausgelastet. Um kosten- und zeiteffizient individuelle Antworten auf erste Sanierungsfragen zu bieten, benötigt die Immobilienbranche ein neues, digitales Werkzeug: den Sanierungsrechner. Ähnlich wie bei automatisierte Bewertungsmodellen liegt hierbei nicht das Ziel darin, die vorhandene Expertise zu ersetzen, sondern ein Tool zu bieten, welches es Nachfragenden ermöglicht, sich selbst wieder in eine handlungsfähige Lage zu bringen und nächste Schritte einzuleiten – fern von der Sanierungs-Angststarre. 

 

Über die Autorin:

Seit Februar 2022 ist Katarina Ivankovic Geschäftsführerin des IIB Instituts und übernahm gemeinsam mit Alexander Hettenbach die Unternehmensführung von Gründer Dr. Peter Hettenbach. Neben ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin, widmet sie sich ihrem Schwerpunkt – Nachhaltigkeit und vor allem Zukunftsfähigkeit von Wohnimmobilien und Standorten – ebenfalls als Rednerin und Dozentin. Gemeinsam mit Dr. Hettenbach führt Sie außerdem den Immobilienpodcast „Lagebericht“ in Kooperation mit dem Wirtschaftsmagazin Capital.

https://www.iib-institut.de/

Bildnachweis: @ Tierney – AdobeStock


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