Schriftformgebot nur bei Geltung von mehr als einem Jahr 1

Schriftformgebot nur bei Geltung von mehr als einem Jahr

In der Gewerbemiete hat die Vertragslaufzeit eine elementare Bedeutung. Für den Gewerbemieter bedeutet die Laufzeit die Sicherung des Standorts oder ggf. auch die Belastung mit hohen Zahlungen bei gewünschter Aufgabe des Standorts. Für den Vermieter bedeutet die Laufzeit des Vertrags bei ausreichender Solvenz des Mieters gesicherte Einnahmen für den vereinbarten Vertragszeitraum. Gesetzliche Mieterhöhungsmöglichkeiten oder Mieterschutzvorschriften wie bei der Wohnraummiete sieht das BGB für die Gewerbemiete nicht vor. Für die Wirksamkeit einer Vertragslaufzeit von mehr als 12 Monaten schreibt § 550 Satz 1 BGB vor, dass der Mietvertrag „schriftlich“ vereinbart sein muss. Ist die Schriftform verletzt, gilt die Vertragslaufzeit nicht. Vermieter oder Mieter könnten unter Einhaltung der Kündigungsfrist laufend kündigen.

Schriftform

Zahlreiche Auseinandersetzungen haben daher ihre Ursache in den Kriterien der Schriftform. Die Rechtsprechung sieht hier unteranderem ein durchgängiges Dokument vor (gebunden oder Seitenzahlen). Bei Nachträgen ist die Bezugnahme auf den bisherigen Vertrag erforderlich. Der Vertrag muss ausreichend für die Vermieter- und Mieterseite unterzeichnet sein etc.

Entschärfung des Nachtragsrisikos

Ein laufendes Risiko ist die Vereinbarung einer geringen Vertragsänderung unter Verletzung der Schriftform, wodurch versehentlich die Laufzeit des gesamten Vertrags aufgehoben werden kann. Hier hat der Bundesgerichtshof nun durch Beschluss vom 15.09.2021 – XII ZR 60/20 eine Erleichterung vorgegeben: Die Schriftform ist nur für solche Nachträge einzuhalten, die für mehr als zwölf Monate gelten sollen. Hier nennt der BGH ausdrücklich dauerhafte Mieterhöhungen. Dem Beschluss des BGB lag die Vereinbarung über Mietminderungen zugrunde, die jeweils eine Laufzeit von deutlich unter einem Jahr betrafen. Der Verstoß der Minderungsvereinbarungen gegen die Schriftform beeinträchtigte die Geltung der Vertragslaufzeit im Ganzen daher nicht.

Profitipp:
Bei Änderungen von Gewerbemietverträgen sollte immer Bezug auf den bisherigen Mietvertrag genommen werden, ggf. getroffene Nachträge zitiert werden und Fortgeltung von vertrag und bisherigen Nachträgen im Übrigen erklärt werden, sofern in der Vertragsänderung nichts Abweichendes enthalten ist.

RA und Notar Ulrich Joerss - https://www.joerss.com

Ulrich Joerss
Rechtsanwalt und Notar

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Tel.:030 / 88 00 1404
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