Steuerliche Bewertung von Immobilien 3

Steuerliche Bewertung von Immobilien

Wertaufteilung für Baulichkeiten aus Kaufvertrag vom Finanzamt überprüfbar

Beim Kauf einer Eigentumswohnung zum Preis von 110.000,00 € hatten die Parteien im Kaufvertrag die Aufteilung des Kaufpreises zu 81,81 % für den Gebäudeanteil und den restlichen Betrag für Grund und Boden festgelegt. Das Finanzamt hingegen ging von einem Gebäudeanteil von nur 27,03 % des Kaufpreises aus, wobei es sich am Bodenrichtwert orientierte. Der Käufer hatte den hohen von ihm ermittelten Gebäudewertanteil der Abschreibung zugrunde gelegt. Er begründete die im Kaufvertrag enthaltene Aufteilung damit, dass das Gebäude von einem Stararchitekten entworfen sei, das Gebäude eine besondere Gestaltung aufweise, das Grundstück selbst hingegen nur eine schlechte Lage habe. Das Finanzamt hielt diese Argumentation nicht für durchgreifend und legte den Bodenrichtwert für den Bodenanteil zugrunde. Der Bundesfinanzhof entschied den Streit mit Urteil vom 21.07.2020 – IX R 26/19 und urteilte, dass eine Aufteilung des Kaufpreises aus dem notariellen Vertrag vom Finanzamt grundsätzlich zu berücksichtigen sei. Wenn diese Kaufpreisaufteilung allerdings offensichtlich unzutreffend sei oder ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) vorläge, dürfe das Finanzamt der Kaufpreisaufteilung nicht folgen. Eine erhebliche Abweichung vom Bodenrichtwert sei ein Indiz für eine unzutreffend gewählte Kaufpreisaufteilung. Der BFH legte allerdings auch fest, dass in solchen Fällen nicht automatisch der Bodenrichtwert herangezogen werden dürfe, um den abschreibbaren Gebäudeanteil festzusetzen. Es seien sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, was im streitigen Fall durch eine gutachtliche Einzelbetrachtung erfolgen müsse.

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Profitipp:
Eine Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag erleichtert die Bestimmung des steuerlich relevanten Gebäudeanteils. Bei erheblichen Abweichungen vom Bodenrichtwert sollten die Abweichungen gegenüber dem Finanzamt dargelegt werden können. Sofern durch die Beteiligten rechtzeitig ein Gutachten erstellt wird, können Auseinandersetzungen über die Kaufpreisaufteilung in der Regel vermieden werden.

RA und Notar Ulrich Joerss - https://www.joerss.com

Ulrich Joerss
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