Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer

Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer

Am 10. April 2018 wird das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) seine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer veröffentlichen. Genauer gesagt geht es darum, ob die bei der Berechnung der Grundsteuer zugrunde gelegten Einheitswerte verfassungsgemäß sind.

 

Einheitswerte verfassungswidrig?

Am 10. April 2018 wird das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) seine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer veröffentlichen. Genauer gesagt geht es darum, ob die bei der Berechnung der Grundsteuer zugrunde gelegten Einheitswerte verfassungsgemäß sind. Beim Schreiben dieser Zeilen lag die Entscheidung zwar noch nicht vor. Es ist aber zu erwarten, dass das Gericht die Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt, weil sie auf den Wertverhältnissen zum 1.1.1964 bzw. 1935 beruhen. Bei Ermittlung der Einheitswerte wird also gefragt, wieviel Miete jemand damals für eine derartige Wohnung oder derartige Gewerberäume gezahlt hätte. Da sich die Verhältnisse seit dem in den einzelnen Gebieten unterschiedlich entwickelt haben führt dies zu einer Ungleichbehandlung, die mit der Verfassung nicht mehr vereinbar ist. Zwar könnten die Gemeinden die unterschiedliche Bewertung durch entsprechende Hebesätze ausgleichen. Tatsächlich haben die Gemeinden die Höhe der Hebesätze aber ausschließlich nach ihrem Finanzbedarf ausgerichtet und nicht nach dem Wert des Grundstücks.

 

Neuregelung erforderlich

Die Grundsteuer muss also neu geregelt werden. Dabei gibt es klassische Zielkonflikte, die nur schwer unter einen Hut zu bringen sind: Das Verfahren muss im Verhältnis der Eigentümer zueinander möglichst gerecht sein, andererseits soll es aber auch einfach sein, da etwa 35 Millionen Grundstücke bewertet werden müssen. Bei den Gemeinden darf es nicht zu Steuerausfällen kommen, da die Grundsteuer ihre wesentliche Einnahmequelle ist, auf die sie angewiesen sind, um die kommunalen Aufgaben bewältigen zu können.

 

Vorschlag der Bundesländer

Hierfür gibt es bereits einen Vorschlag der Bundesländer, nach dem die Bemessungsgrundlage ein sogenannter Kostenwert des Grundstücks sein soll. Dieser setzt sich aus zwei Teilen zusammen: den Werten des Bodens und des Gebäudes.

Als Wert des Bodens soll der Bodenrichtwert angesetzt werden, den die Gutachterausschüsse ermittelt haben. Dieser entspricht in etwa dem Verkehrswert. Der Wert des Gebäudes soll in einem extrem typisierten Sachwertverfahren ermittelt werden, der mit dem Verkehrswert nichts zu tun hat. Daraus würde sich ein neues Gerechtigkeitsproblem ergeben. Bei unbebauten Grundstücken würde letztlich der Verkehrswert angesetzt. Je größer der Anteil des Gebäudewertes an dem Gesamtwert ist, umso mehr würde sich der Gesamtwert von dem Verkehrswert entfernen.

Zur Lösung wird deshalb vorgeschlagen, den Wert des Gebäudes unberücksichtigt zu lassen und nur den reinen Bodenwert zu besteuern. Dies würde das Problem der Ungleichbehandlung der Eigentümer aber nicht lösen, sondern vergrößern, weil offensichtlich ist, dass auch das aufstehende Gebäude einen Wert hat. Auch wenn diese Methode vorgeschlagen wird, um die Eigentümer unbebauter Grundstücke zur Bebauung zu drängen, dürfte eine solche Steuer genauso verfassungswidrig sein wie das bestehende System.

 

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Das Zeitproblem

Hinzu kommt das Zeitproblem: Die Finanzverwaltung hat erklärt, dass sie zur Ermittlung der Kostenwerte etwa 10 Jahre benötigen wird. Soviel Zeit räumt das BVerfG dem Gesetzgeber aber nicht ein. Schließlich haben Beispielsrechnungen ergeben, dass das System der Kostenwerte zu einer massiven Erhöhung der Grundsteuer führen würde. Die Gemeinden, in denen die neuen Werte zu einem Sinken der Grundsteuer führen würden, können sich den Einnahmeausfall nicht leisten.

Denn typischerweise handelt es sich dabei um wirtschaftlich schwache Regionen, weil das Zurückbleiben der Grundstückswerte gerade darauf beruht, das sich ein Gebiet wirtschaftlich nicht entwickelt hat. Da sich gerade diese Gemeinden den Einnahmeausfall nicht leisten können, müssten sie durch eine entsprechende Anhebung der Hebesätze gegensteuern. Im Ergebnis würde die Grundsteuer in wirtschaftlich schwachen Regionen jedenfalls nicht sinken. In den Zuzugsgebieten, in denen die Grundstückspreise in den letzten Jahren stark gestiegen sind, würde die Grundsteuer dagegen explodieren. Würden die betreffenden Gemeinden durch eine entsprechende Absenkung der Hebesätze gegensteuern, bliebe im Ergebnis alles beim Alten. Dies ist weder gewollt noch zu erwarten. Zu erwarten ist vielmehr, dass die Reform der Grundsteuer von den Gemeinden zu einer allgemeinen Anhebung der Steuer genutzt wird.

 

Vorschlag Flächenmodell

Der IVD vertritt deshalb die Auffassung, dass das Flächenmodell eingeführt werden sollte. Dabei wird die Grundsteuer nicht nach Maßgabe des Wertes des Grundstücks erhoben, sondern allein anhand der Fläche des Bodens und der Nutzfläche des Gebäudes. Dieses Modell hätte darüber hinaus den Vorteil, dass es schnell und innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist umgesetzt werden könnte.

Aufgrund des derzeitigen Nachfrageüberhangs an Wohnungen in den Ballungsräumen wird von Politikern die Forderung nach einer neuen Grundsteuer C erhoben. Für unbebaute Grundstücke soll eine Grundsteuer eigener Art erhoben werden, die so hoch ist, dass der Eigentümer dadurch genötigt wird, sein Grundstück zu bebauen oder zu verkaufen. Eine solche Grundsteuer gab es in Deutschland bereits in den Jahren 1961 und 1962. Sie wurde jedoch schnell wieder abgeschafft, weil sie sich nicht bewährte und die Spekulation mit unbebauten Grundstücken nur noch anheizte.

Denn private Eigentümer sahen sich gezwungen, ihr Grundstück zu verkaufen, da sie die Steuer nicht tragen konnten oder wollten. Diese Grundstücke wurden von größeren Investoren aufgekauft, die die hohe Grundsteuer finanzieren konnten und sie bei einem Verkauf oder einer Bebauung einfach in die Kosten einrechneten. Vielleicht sollte man aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen.

 

Autor: Hans-Joachim Beck