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Sich als Verwalter nicht zum Buhmann machen lassen

Die Niedrigzinspolitik der EZB hat auf unser Wirtschaftssystem weitreichende Auswirkungen. Eine der Berufsgruppen, die diese Niedrigzins-Situation jetzt zu spüren bekommen, sind Immobilienverwalter. Sie müssen letztendlich Kraft Amtes die Gelder ihrer Anlagen vernünftig anlegen und darüber Rechenschaft geben. Auf der anderen Seite sind die Möglichkeiten, hier noch gewisse Einnahmen zu erzielen immer mehr geschrumpft. Schon das war lästig und macht bei Eigentümerversammlungen nicht unbedingt einen berauschenden Eindruck. Doch jetzt kommt es noch schlimmer: machte es wie gesagt in den Anlagen in den letzten Jahren bei Eigentümerversammlungen schon einen schlechten Eindruck, wenn so gut wie keine Zinseinnahmen mehr auf Rücklagen zu verzeichnen waren, so drohen jetzt Negativzinsen oder „Verwahrentgelte“, wie es die Kreditinstitute euphemistisch nennen und wie sie diese dann ihren Kunden und in diesem Fall den WEGs im Moment gerne in Rechnung stellen.

Werden schon jetzt bei WEG-Versammlungen genug, teilweise sogar lächerliche Diskussionen über Petitessen geführt, so ist dies nun ein weiteres Thema, bei dem diskutiert wird und der Verwalter gerät unter – völlig falschen – Verdacht, inkompetent oder nachlässig zu handeln, weil hier statt Einnahmen plötzlich Ausgaben auftauchen.

Wie sollten also Verwalter mit diesem Thema umgehen? Zunächst einmal sollte der Verwalter jedes Mal, wenn entsprechende Diskussionen aufkommen, betonen, dass der Schuldige logischerweise gar nicht der Verwalter ist, sondern die FED bzw. die EZB mit ihrer Niedrigzinspolitik. Er sollte klar darauf hinweisen, dass es sich hier nicht um Nachlässigkeit des Verwalters handelt und dass auch die unterschiedlichsten anderen Branchen unter dieser Niedrigzinspolitik mehr oder weniger stark zu leiden haben. Und er sollte klar Beispiele nennen: etwa, dass Sparer keine Zinsen erhalten, sondern ebenfalls Strafzins-Opfer werden, dass große Kapitalsammelstellen, die auf den Finanzmärkten Gewinne realisieren müssen um etwa später Pensionszahlungen leisten zu können, unter massiven Druck geraten, dass Immobilieninteressenten, die, weil zu viel Geld händeringend Anlageform sucht, sagenhafte Kaufpreise berappen müssen.

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Wenn in der WEG-Versammlung trotz allem doch die Forderung aufkommt, Zinsen aus den Rücklagen herauszuholen oder Negativzinsen um jeden Preis zu vermeiden, sollte man diese unersättlichen Eigentümer um entsprechende Anlagevorschläge bitten. Dabei sollte man allerdings von Anfang an klarmachen, dass nur absolut konservative Anlagemöglichkeiten rechtlich zulässig sind, was den Handlungsspielraum der Verwaltung bzw. der Versammlung dramatisch eingrenzt. Sollten jedoch unzulässige d.h. risikobehaftete Anlageformen auf den Tisch kommen, muss klargestellt werden, dass dies keinesfalls geht und es muss auch vor den Folgen einer solchen absolut illegalen Risiko-Strategie gewarnt werden.

Ein sehr plastisches Beispiel liefert hier die kürzlich erfolgte Greensill-Insolvenz, bei der ein Schaden im Milliarden-Bereich entstand. Speziell auch Kommunen versuchten hier trotz des ungünstigen Zinsklimas doch noch eine geringfügig bessere Verzinsung zu realisieren und legten ihr Geld bei der Greensill Bank an. Das Ergebnis war fatal: etwa 50 deutsche Kommunen sind von der Insolvenz betroffen – nur wegen ein paar lächerlichen Euro mehr Zinsen stehen hier Bürgermeister und/oder Stadtkämmerer am Pranger.

Zudem ist es ratsam, die Eigentümer frühzeitig in WEG-Versammlungen oder Newsletter darauf hinzuweisen, dass die Gefahr von Negativzinsen besteht. Eine sinnvolle Maßnahme kann es sein, die Rücklagen durch entsprechende Investitionen an der Anlage sinnvoll herunterzufahren – wobei dies auch keine einfache Strategie ist, da hierfür entsprechende Beschlüsse notwendig sind und es im Moment extrem schwierig ist, Handwerksfirmen mit den nötigen Kapazitäten zu bekommen. Eine weitere Strategie könnte es sein, die Rücklagenzuführung herunterzufahren – auch hier braucht es entsprechende Beschlüsse – oder aber auf angedachte Erhöhungen zunächst einmal zu verzichten. Wobei das Problem an dieser Strategie natürlich ist, dass angesichts nur kärglich angesammelter Rücklagen später Sonderumlagen notwendig werden, die der Verwalter dann mühsam beitreiben muss. Außerdem sinkt die Bereitschaft zur Rücklagenbildung, was wiederum die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft deutlich reduziert. Investitionen, die mal schnell über die Rücklagen finanziert werden, werden deutlich schneller genehmigt als Maßnahmen über Sonderumlagen. D.h. wenn derartige Vorschläge kommen, sollte sich der Verwalter möglichst nicht darauf einlassen, da sie mehr Probleme aufwerfen als sie lösen.

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Bevor man aber all diese Strategien fährt, ist es auf alle Fälle ratsam, zunächst einmal hart mit der Bank zu verhandeln, da es sich hier häufig um jahrzehntealte Geschäftsbeziehungen handelt auf die man auch einmal pochen kann.

Fazit: Negativzinsen sind ein absolut lästiges Thema. Aber Verwalter sollten hier eine klare Kommunikationspolitik betreiben und sich nicht in die Rolle des Buhmanns drängen lassen und Verwalter sollten nicht die Rücklagen herunter fahren lassen nur um paar Euro Strafzinsen zu sparen.

Prof. Dr. Stephan Kippes, Professor für Immobilienmarketing HfWU Nürtingen-Geislingen

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