Was die GroKo sich diesmal für Vermieter ausgedacht hat
161 Tage hat es gebraucht, um eine neue Regierungskoalition im Deutschen Bundestag zu bilden. Das ist nicht nur bemerkenswert, sondern auch historisch. Ob auch die Regierungsarbeit der neuen GroKo in die Geschichte eingehen wird, bleibt abzuwarten. Das Zeug dazu hat der Koalitionsvertrag nach langer Hängepartie und Votum der SPD-Mitglieder jedenfalls nicht, jedenfalls soweit es die vereinbarten Änderungen im Mietrecht betrifft.
Die Neuauflage
Es war absehbar, dass der Koalitionsvertrag der Neuauflage der Großen Koalition nicht ohne das Mietrecht auskommen wird. Dafür ist das Thema für die SPD einfach zu wichtig. Schaut man sich die entsprechenden Passagen allerdings etwas genauer an, zeigt sich, dass sich die SPD zwar behaupten konnte, letztlich aber nicht zufrieden sein kann. Oder um es mit den Worten eines Vertreters des Mieterbundes (hinter vorgehaltener Hand) zu sagen. Der Koalitionsvertrag nütze den Mieterinnen und Mietern nichts. Offenbar war es sogar so, dass die mietrechtlichen Bestandteile erst ganz zum Schluss der Verhandlungen beraten wurden, weil insbesondere die CDU nur einen sehr eingeschränkten Änderungsbedarf erkennen wollte.
Zankapfel Modernisierungsmieterhöhung
Wie schwierig die Verhandlungen waren, wird an dem Kompromiss zur Modernisierungsmieterhöhung deutlich. Dem Vernehmen nach wollte die SPD eine Absenkung von 11 auf 5 Prozent erreichen. Herausgekommen ist eine Absenkung auf 8 Prozent, wobei diese auf fünf Jahre befristet und auf die Gebiete der Kappungsgrenze nach § 558 BGB begrenzt sein soll. In Ansehung des ursprünglichen Begehrens der SPD kann man mit dem von der Union ausgehandelten Kompromiss zufrieden sein. Weniger erfreulich ist dagegen, dass bei der Modernisierungsmieterhöhung zusätzlich eine Kappungsgrenze eingezogen werden soll. Die monatliche Miete darf künftig nach einer Modernisierung nicht um mehr als drei Euro pro Quadratmeter Wohnfläche innerhalb von sechs Jahren erhöht werden. Punkt für die SPD. Mit der Kappungsgrenze ist ein weiterer Nachteil verbunden, der wahrscheinlich weder beabsichtigt, noch gesehen wurde. Die Kappungsgrenze nimmt Bezug auf die Größe der Wohnung. Kommt es um die Mieterhöhung zum Streit, kann schnell auch die tatsächliche Größe der Wohnung in Frage gestellt werden.
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Modernisierungsmaßnahmen und Mieterhöhungen
Kleinvermieter könnten künftig von einer vereinfachten Modernisierungsmieterhöhung profitieren. Geplant ist ein optionales, vereinfachtes Mieterhöhungsverfahren, bei dem die formellen Anforderungen an die Ankündigung abgesenkt werden und ein maximaler Betrag von 10.000 Euro unter Berücksichtigung eines Instandhaltungsanteils von 30 Prozent umgelegt werden kann. Unklar ist jedoch, was offenbar den schwierigen Verhandlungen geschuldet ist, ob es insoweit bei der 11 Prozent-Grenze bleibt. Dies wird im entsprechenden Gesetzgebungsverfahren zu klären sein.
Dass Mieter besser vor bewusstem Missbrauch bei der Ankündigung und der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen geschützt werden sollen, indem das gezielte Herausmodernisieren künftig den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllen und für Mieter Schadensersatzansprüche begründen soll, ist ein hehres Ziel. Fraglich ist jedoch, wie dieses umgesetzt werden soll, da derartige Tatbestände in Anbetracht der Rechtsfolgen ein hohes Maß an Bestimmtheit erfordern.
Mietpreisbremse weitgehend unangetastet
Die Mietpreisbremse soll bis Ende 2018 auf ihre Wirksamkeit evaluiert werden. Glaubt man einer jüngeren DIW-Studie „Mietpreisbremse ist besser als ihr Ruf“ (Februar 2018) könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass die Mietpreisbremse funktioniert. Schaut man sich dagegen die Praxis an, erweist sich das Gegenteil. Letztlich dürfte es auf das Resultat der Evaluierung gar nicht ankommen, da die Mietpreisbremse, größtenteils 2015 in Kraft getreten, auf fünf Jahre begrenzt ist. Zudem hat das Landgericht Berlin im Dezember 2017 beschlossen, die Mietpreisbremse dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, da es diese für nicht verfassungsgemäß hält. Da dies eine ernüchternde Ausgangslage ist und gar nicht in das Bild der Verfechter der Mietpreisbremse passen will, musste die SPD hier offenbar noch einen Punkt erzielen.
Dabei herausgekommen ist ein Auskunftsanspruch des Neumieters im Hinblick auf die Vormiete, wobei sich die geplante Rechtslage von der aktuellen nur marginal unterscheidet. Oder anders gesagt, es bleibt wie es ist. Eine echte Informationspflicht nach der der Vermieter von sich aus die Vormiete offenlegen muss, konnte die SPD nicht durchsetzen.
Ortsübliche Vergleichsmiete und Mietspiegel
Durch die Mietpreisbremse haben die ortsübliche Vergleichsmiete und somit die Mietspiegel eine höhere Bedeutung erlangt. Es ist daher nachvollziehbar, dass insbesondere der qualifizierte Mietspiegel rechtssicherer ausgestaltet werden soll. Denn derzeit bestimmt das Gesetz lediglich, dass dieser nach wissenschaftlichen Grundsätzen zu erstellen sei, ohne diese näher zu beschreiben. Dies soll sich ändern, wogegen letztlich nichts einzuwenden ist, wenn nicht gleichzeitig quasi durch die Hintertür bremsende Effekte eingebaut werden. Die Ausgestaltung der neuen Vorgaben für qualifizierte Mietspiegel soll so erfolgen, dass die für die Erstellung und Fortschreibung anfallenden Kosten für die Gemeinden möglichst gering bleiben. Dies ist zu begrüßen, da viele Kommunen den mit einem qualifizierten Mietspiegel verbundenen finanziellen Aufwand scheuen.
Ein weiteres Vorhaben, was die SPD nicht durchsetzen konnte, betrifft die Verlängerung des Bezugszeitraumes zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Ein Referentenentwurf des SPD-geführten Justizministeriums sah vor, diesen Zeitraum auf zehn oder acht Jahre zu verlängern. Auch eine Berliner Bundesratsinitiative sieht eine Verlängerung vor, um die Datenbasis zu verbreitern und damit eine realitätsnähere Mietpreisbestimmung zu gewährleisten. Beabsichtigt ist mit der Verlängerung aber auch, eine zusätzliche Bremse der Mietpreisentwicklung, da mit ihr ältere und wahrscheinlich günstigere Mieten einzubeziehen wären. Hier liegt des Pudels Kern. Denn letztlich führt dies dazu, dass die Mietpreisentwicklung eingefroren wird. Dies gilt es zu verhindern.
Letztlich soll das Thema in der laufenden Legislaturperiode nur geprüft werden, was wiederum auf schwierige Verhandlungen hindeutet. Punkt für die Union.
Autor: Dr. jur. Christian Osthus