Wettbewerb

Klassische Wettbewerbsverstöße in der Immobilienwirtschaft

Dass die meisten wettbewerbsrechtlichen Beanstandungen durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung außergerichtlich beigelegt werden können verzeichnet die Wettbewerbszentrale als Erfolg. In jedem Jahr werden aber auch Klageverfahren geführt, um unlautere geschäftliche Handlungen zu stoppen und um offene Rechtsfragen zu klären. Im folgenden Beitrag, erschienen im Rahmen des E-Mail-Services der Wettbewerbszentrale, werden einzelne Gerichtsentscheidungen aus 2021 vorgestellt.

1) Hausverkauf zum Höchstpreis

Von Immobilienportalbetreibern als auch von Maklerunternehmen selbst wird teilweise behauptet, das Unternehmen könne eine Immobilie „zum Bestpreis“, „zum Höchstpreis“ oder „zum besten Preis“ veräußern. Diese Fälle sind seit einigen Jahren immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten.

Ganz aktuell hat das Hanseatische Oberlandesgericht die Auffassung der Wettbewerbszentrale bestätigt, dass es sich bei der von einem Immobilienmakler verwendeten Werbeaussage „Hausverkauf zum Höchstpreis“ um eine irreführende und unzulässige Spitzenstellungswerbung handelt (Urteil vom 09.12.2021, Az. 5 U 180/20; B 1 0147/21). Der beim Hausverkauf erzielte Preis sei eine messbare Größe, wenn auch die Nachprüfbarkeit im Einzelfall schwierig sei, da jede Immobilie individuelle Merkmale aufweise. Das Hanseatische Oberlandesgericht führt damit die bereits etablierte Rechtsprechung zu dieser Thematik fort: das Kammergericht hatte bereits 2019 entscheiden, dass unter anderem die Werbung mit einem „Verkauf zum Bestpreis“ eine unzulässige Spitzenstellungswerbung darstellt (KG Berlin, Urteil vom 21.06.2019, Az. 5 U 121/19; B 1 0113/17), mehr unter https://www.wettbewerbszentrale.de/de/aktuelles/_news/?id=3230 mit weiteren Links.

2) Unerwünschte Werbung per E-Mail und Haftung für Beauftragte

Gelegentlich gerät in Vergessenheit, dass unter anderem Werbung per E-Mail der vorherigen Einwilligung des Adressaten bedarf. Eine sogenannte „Kaltaquise“ ist unzulässig – dies ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. In einem Fall hatte der Betreiber eines Immobilienportals über einen Vertragspartner (Versendungsservice) Werbung versenden lassen wollen. Dieser Vertragspartner hatte sodann selbst einen Dritten eingeschaltet, um den Versand durchzuführen. Letztendlich erhielt ein Empfänger eine Werbemail, für die weder gegenüber dem werbenden Unternehmen noch gegenüber einem Dritten eine entsprechende Einwilligung erteilt wurde. Das Landgericht Hamburg entschied in erster Instanz, dass das Unternehmen, für welches die Werbung betrieben wurde, Täter einer unzulässigen Handlung bleibe, auch wenn der Versand durch einen Dritten erfolge. Begründet wurde dies damit, dass das Unternehmen eine adäquat-kausale Ursache für die unerwünschte E-Mail-Werbung gesetzt habe (LG Hamburg, Urteil vom 21.02.2020, Az. 315 O 439/18; B 1 0178/18). In seinem Hinweisbeschluss vom 19.07.2021 bestätigte das Hanseatische Oberlandesgericht diese Auffassung und betonte, dass ein Unternehmensinhaber nicht dadurch entlastet werde, dass sich ein Unterbeauftragter über seine Befugnisse hinwegsetze. Die Haftung für Beauftragte nach § 8 Abs. 2 UWG greife auch in solchen Fällen (OLG Hamburg, Beschluss vom 19.07.2021, Az. 5 U 56/20).

 

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3) Werbung mit Auszeichnungen und Kundenbewertungen

Die Werbung mit Auszeichnungen und guten Kundenbewertungen schafft Vertrauen und hilft dabei, Kunden zu gewinnen. Schönfärbereien sollten bei der Verwendung dieses Werbeinstruments allerdings unterbleiben, da andernfalls gerichtliche Auseinandersetzungen drohen.

In einem Fall lässt die Wettbewerbszentrale gerichtlich klären, inwieweit es zulässig ist, im Rahmen des eigenen Internetauftritts mit einer durchschnittlichen Anzahl von Sternen bezogen auf Kundenbewertungen zu werben, ohne gleichzeitig darüber aufzuklären, wie viele Kundenbewertungen über welchen Zeitraum in die Berechnung einbezogen wurden und wie sich die einzelnen Bewertungen aufschlüsseln. Der Vorgang ist anhängig beim Landgericht Hamburg (Az. 315 O 160/21; B 1 0054/20). In einem weiteren Fall ließ die Wettbewerbszentrale die Selbstanpreisung eines Maklers als „Marktführer“ bzw. als „TÜV-geprüfter 5-Sterne-Makler“ als irreführend untersagen (LG Berlin, Urteil vom 14.09.2021, Az. 102 O 49/21, Berufung anhängig beim Kammergericht, Az. 5 U 118/21; B 1 0255/20). Die Wettbewerbszentrale monierte, dass das Unternehmen keine Marktführerschaft innehabe und auch seitens des TÜV keine Sterne verliehen bekommen habe. Es bleibt nun abzuwarten, wie das Kammergericht entscheidet.

Vorsicht geboten ist auch bei der Ankündigung von Zuwendungen für erteilte Bewertungen. In einem Verfahren der Wettbewerbszentrale hat das Landgericht Hildesheim einem Unternehmen aus der Baubranche untersagt, Verbrauchern für eine Google-Bewertung einen 50 € Gutschein zu versprechen. Auch das Werben mit auf diese Weise zustande gekommenen Bewertungen sei unzulässig, sofern kein Hinweis erfolge, dass die Bewertung gegen Entgelt erfolgt sei (LG Hildesheim, Urteil vom 29.8.2021, Az. 11 O 12/21, nicht rechtskräftig; HH 3 0084/21). Das Gericht vertrat die Auffassung, dass das Angebot letztlich darauf abziele, eine positive Bewertung bei Google abzugeben. Die Verwendung derart bezahlter Zuschriften sei unzulässig, wenn auf die Bezahlung nicht ausdrücklich hingewiesen werde. Auch der Hinweis des Unternehmens in dem Angebot, es wolle „eine faire und ehrliche Meinung“ des Kunden hören, änderte nichts an der Rechtsauffassung des Gerichts. Denn – so die Argumentation – die Belohnung führe den Kunden dazu, eher positive als negative Bewertungen abzugeben, um sicher in den Genuss des Gutscheins zu kommen.

4) Regeln zur Verteilung der Maklerprovision

Für Unruhe gesorgt haben die neuen Regelungen zur Verteilung der Maklerprovision bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäusern an Verbraucher, die im Dezember 2020 in §§ 656c ff BGB in Kraft getreten sind. Der Gesetzgeber wollte mit ihnen erreichen, dass die zu zahlende Provision nicht mehr vollständig auf den Käufer abgewälzt wird, sondern der Verkäufer mindestens die Hälfte der Maklerprovision trägt.

Die Wettbewerbszentrale sah in Bezug auf die Werbeaussage „Nach Bremer Gepflogenheiten ist unsere Dienstleistung beim Verkauf einer Immobilie für den Verkäufer kostenlos“ und gleichzeitigem Hinweis auf eine Courtagepflicht auf Käuferseite einen Widerspruch zu den neuen Vorschriften und klagte ihren Anspruch nach erfolglosem Abmahnverfahren beim Landgericht Bremen ein. Es erging ein Anerkenntnisurteil (LG Bremen, Urteil vom 18.08.2021, Az. 12 O 197/21; B 1 0114/21). Auch das Landgericht Hildesheim hat es einem Maklerunternehmen untersagt, die bei Kaufabschluss anfallende Provision nur beim Käufer zu erheben (LG Hildesheim, Urteil vom 30.11.2021, Az. 11 O 9/21; B 1 0064/21).

Quelle und Kontakt:
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs
Frankfurt am Main e.V., Büro Berlin
Jennifer Beal
Nürnberger Straße 49
10789 Berlin
www.wettbewerbszentrale.de

 

Foto: © blende11.photo – stock.adobe.comettbewerb

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